Kenne deine Rechte

Der Schimpanse und der Brudermord


3. März – Welttag des Artenschutzes. Am 3. März 1973 wurde das Washingtoner Artenschutzübereinkommen unterzeichnet, welches illegale Jagd und Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten verbietet, sowie dem Schutz von Lebensraum besondere Wichtigkeit zuschreibt. Bisher sind in diesem Vertrag 38.000 bedrohte Arten notiert. Dennoch wird weiterhin gewildert und gerodet. Die IPBES[1] rechnet mit der Gefährdung von bis zu einer Million Arten in den kommenden Jahrzehnten. Der Mensch ist im Inbegriff das sechste Massensterben auszulösen. Auch Schimpansen – Teil der Familie der Menschenaffen und somit unsere nächsten Verwandten im Tierreich – leiden an der Grausamkeit ihrer Familienmitglieder.

 Der Mensch, das Tier

Schimpansen und Menschen teilen 98,7 Prozent ihres Erbgutes. Damit ist der Schimpanse der dem Menschen ähnlichste Menschenaffe. Beide stammen von denselben Vorfahren ab, haben sich aber vor rund sechs Millionen Jahren auseinanderentwickelt. Eine unterschiedliche Nutzung der Gene und Veränderungen des Erbgutes begründen die heutigen Differenzen zwischen den Arten. Besonders auffällig ist dieser Unterschied hinsichtlich der Intelligenz. Wissenschaftler:innen konnten feststellen, dass Schimpansen zwar durchschnittlich intelligenter sind als Kleinkinder, zum Beispiel fällt ihnen das Lösen räumlicher Probleme, das Addieren von Summen oder die Herstellung von Werkzeugen leichter, doch Menschen einen Vorteil aufgrund ihrer sozialen Intelligenz haben. Kleinkinder lernen durch Imitieren. Das Wissen der Menschen wird also kulturell weitergegeben. Schimpansen hingegen sind in ihrer Kommunikation eingeschränkt. Es fällt ihnen schwerer, Hinweise zu deuten und Wissen auf spätere Generationen zu übertragen. Während Menschen also miteinander vernetzt leben und bestehendes Wissen teilen und erweitern, sind Schimpansen, obwohl sie in Gruppen leben, Individualisten. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass wir Menschen uns nach biblischer Anweisung „die Erde untertan“ machen konnten, unser Bruder der Schimpanse jedoch vom Aussterben bedroht ist? Oder ist die Thematik doch etwas komplexer?

Ein unbemerkter Genozid

Auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion werden Schimpansen als stark gefährdet eingestuft. Seit dem Jahr 2000 ist ihre Population weltweit um 40 Prozent geschrumpft. Schuld daran ist allein der Mensch. Jährlich werden etwa 3.000 Menschenaffen gefangen oder getötet. Es leben nur noch etwa 300.000 Tiere in West- und Zentralafrika.

Bedroht werden Schimpansen insbesondere durch die zunehmende Zerstörung ihres Lebensraumes, Wilderei und Krankheiten, die sich durch die verschlechterten Lebensumstände schneller ausbreiten können. Um Palmöl- und Kautschukplantagen zu errichten, sowie den Abbau von Rohstoffen wie Aluminium, Gold oder Kupfer zu fördern, werden tropische Regionen Afrikas abgeholzt und stark reduziert. Dadurch geht der Lebensraum vieler Tierarten verloren. Des Weiteren werden die Affen häufig gefangen und an Tierhändler:innen weiterverkauft. Denn nach dem Handel mit gefälschten Waren, Drogen und Menschen ist der Tierhandel, der viertlukrativste illegale Handel weltweit. Schimpansenfleisch ist auf dem Schwarzmarkt begehrt. Denn vor allem in Afrika gilt Affenfleisch als Delikatesse. Es wird jedoch auch tonnenweise nach Europa, Japan oder in die USA geliefert. Aktuelle Schätzungen besagen, dass Schimpansen innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte aussterben werden, sollte sich nichts am anthropozänen Missbrauch der Natur ändern.

Negative Folgen von illegalem Wildtierhandel sind uns leider nur zu gut bekannt. Häufig begünstigt dieser nämlich die Ausbreitung von Zoonosen. Das sind Viren, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können. Beispiele dafür sind das Ebola- und das Coronavirus.  Illegaler Wildtierhandel ist somit nicht nur Ausbeutung der Natur, sondern stellt auch eine Gefahr für unsere Gesundheit dar. Schon allein um die nächste Pandemie zu vermeiden, sollten wir also dem qualvollen Handel mit Tieren ein Ende bereiten.

Empty Bellies – Desperate People

Missbrauch der Natur stoppen, Wildtierhandel vermeiden – leichter gesagt als getan. Denn warum wildern Menschen? Um hungrige Bäuche zu füllen. Korruption und Armut spielen eine gewichtige Rolle beim Entstehen von illegalen Tierhandel-Netzwerken.

Insbesondere der Kongo ist davon betroffen. Dieser Umstand ist auf einen hochgradig korrupten Regierungsapparat zurückzuführen. Die kongolesische Politik und Verwaltung sind häufig in illegale Aktivitäten involviert und profitieren von diesen lukrativen Geschäften. Weltweit bringen Wilderei und der Handel mit Wildtieren jährlich 20 Milliarden Euro ein. Der geringste Anteil davon bleibt den Fänger:innen. Während sie nur zwischen 50 und 100 US-Dollar für den Fang bekommen, können Tierhändler:innen bis zu 250.000 US-Dollar verlangen.

Auch in Südafrika findet sich dieses Problem wieder. Hier liegt die Arbeitslosigkeit bei 30 Prozent. Wilderei bietet einen Weg aus der Armut. Eine empirische Untersuchung der Artenschutzorganisation TRAFFIC konnte zeigen, dass das Bedürfnis sich einen Lebensunterhalt zu verdienen, sowie die Familie durchzubringen ein Hauptgrund der Wilderei ist. Auch Gruppendruck und der Wunsch nach Luxusgütern spielen eine Rolle.

Solange es also Korruption gibt, solange Menschen hungern, wird es immer Tierleid geben. Richtig? Falsch. Denn solange es mutige Menschen gibt, die sich für die Rechte der Ungehörten einsetzen besteht Hoffnung. So sieht es zumindest die britische Verhaltensforscherin Jane Goodall, die es sich zum Ziel gemacht hat die Lebensumstände und das Verhalten der Schimpansen in der Wildnis zu erforschen.

„Du kannst etwas verändern – jeden Tag und zu jeder Zeit!“ – Jane Goodall

Illegaler Tierhandel ist ein ernstzunehmendes Verbrechen. Diese Tatsache wurde 1973 im Washingtoner Artenschutz Abkommen (CITES[2]) beschlossen und trat 1975 in Kraft. International sind 176 Staaten Mitglied dieses Abkommens. Die gesamte Europäische Union ist Teil des CITES. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf den illegalen Wildtierhandel gelegt, der durch das Abkommen reguliert wird. Somit sind die ersten Schritte in die richtige Richtung rechtlich gesetzt.

Doch ähnlich wie bei der UN-Klimakonferenz, wird auch in diesem Bereich zu viel geredet und zu wenig aktiv gehandelt. Wie kann also jede:r von uns einen Beitrag leisten, um unsere tierischen Brüder und Schwestern zu retten? Um individuell gegen Wilderei und Wildtierhandel vorzugehen, hält die Organisation Rettet den Regenwald dazu an, von Zirkus- und Tiershowbesuchen abzuhalten, auf Urlaubsouvenirs aus Körperteilen von Tieren zu verzichten und Tierschutzorganisationen monetär oder in Form von freiwilliger Mitarbeit zu unterstützen. Grund zur Hoffnung besteht allemal: so überlegt die Schweiz beispielsweise gerade, nicht-menschlichen Primaten grundlegende Menschenrechte zu verleihen.

Organisationen zum Schutz von Schimpansen und anderen bedrohten Tierarten:

https://janegoodall.at/was-wir-tun/schimpansen/

https://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/schimpansen

https://www.tengwood.org/de/ueber-uns/tengwood-organization.html

https://www.regenwald.org/verein/ueber-uns

Quellen

https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/327704/3-maerz-welttag-des-artenschutzes/

https://sciencev1.orf.at/science/news/149415

https://www.prowildlife.de/tiere/affen/schimpanse/

https://jww.de/suedafrika-armut-als-ursache-von-wilderei/

https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/menschenaffen-101.html

https://www.tengwood.org/de/ueber-uns/publikationen/12-ueber-uns/schimpansen.html

https://utopia.de/ratgeber/wilderei-darum-ist-sie-so-problematisch/

https://www.wwf.de/themen-projekte/artenschutz/politische-instrumente/cites

https://www.regenwald.org/themen/wilderei/fragen-und-antworten

https://www.nhm.ac.uk/discover/news/2018/november/chimpanzees-are-at-risk-of-being-eaten-into-extinction.html

https://www.welt.de/wissenschaft/article236832471/Menschenrechte-fuer-Affen-Abstimmung-in-der-Schweiz.html

[1] Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services – eine UN-Organisation für wissenschaftlichen Politikberatung zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von biologischer Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen

[2] Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Flora and Fauna – internationale Konvention gegen illegalen Tierhandel


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