
Krieg im Jemen – Teil 3: Das Leid der vertriebenen Menschen
Die Menschen im Jemen leben unter äußerst schwierigen Bedingungen. Es entsteht eine zunehmende Hungersnot, die trotz internationaler Hilfe kaum zu lindern ist. Besonders für die zahlreichen Binnenflüchtlinge ist die Lage prekär. Sie haben in Flüchtlingslagern Zuflucht gefunden, wo sie neben Nahrungsmangel mit Krankheiten und fehlender medizinischer Versorgung zu kämpfen haben.
Binnenflüchtlinge stellen den größten Teil aller jemenitischer Geflüchteter dar. Sie mussten im Verlauf des Krieges aus ihren Häusern, Städten und Heimatregionen fliehen, können das Land aufgrund der geschlossenen Grenzen aber nicht verlassen. Schätzungen gehen davon aus, dass es 3,6 bis 4 Millionen Menschen sind, die aktuell keinen festen Wohnsitz haben.[1] [2] In den provisorischen Lagern ist ihre Situation nahezu aussichtslos.
Internationale Hilfsorganisationen versuchen, den Vertriebenen im Jemen dringend benötigte humanitäre Hilfe zu leisten. Trotzdem ist diese nur spärlich vorhanden; lediglich 17 Prozent der erforderlichen Maßnahmen sind finanziert.[3] Erschwert wird die Arbeit der Helfer dadurch, dass alle Konfliktparteien den Zugang zu den notleidenden Menschen einschränken. Saudi-Arabien und die Huthi-Rebellen haben jeweils Restriktionen auf die Einfuhr kommerzieller und humanitärer Güter erlassen. Mit wechselseitigen Angriffen auf Infrastruktur, Warenhäuser und medizinische Einrichtungen zerstören die verfeindeten Kräfte den Rest der noch verbliebenen Lebensgrundlage der Jemenit:innen.[4] Was passiert, wenn Menschen von Nahrung und Medizin abgeschnitten werden, zeigt sich an der gravierenden Hungersnot und der 2016 ausgebrochenen Cholera-Epidemie im Jemen.
Krankheit
Die verzweifelte Lage der jemenitischen Bevölkerung verschärfte sich im Spätsommer 2016 massiv. Aufgrund kriegsbedingter, schlechter medizinischer Versorgung, gesundheitsgefährdender Hygienebedingungen und verunreinigten Wassers brach im Jemen die weltweit schlimmste Cholera-Epidemie, die je dokumentiert wurde, aus.[5] Cholera ist eine bakteriell ausgelöste Durchfallerkrankung und wird über schmutziges Wasser oder kontaminierte Lebensmittel übertragen. Beides sind Faktoren, denen vor allem die Bewohner:innen der Flüchtlingscamps kaum entgehen können. Für die ohnehin durch Hunger geschwächten Menschen ist Cholera besonders gefährlich. Nach Angaben der WHO zählte man bis Dezember 2020 etwa 2,5 Millionen Fälle und tausende Todesopfer.[6]
Auch die seit 2020 grassierende COVID-19-Pandemie trifft den Jemen hart. Zwar sind die Fallzahlen im internationalen Vergleich mit derzeit knapp über 3000 Fällen sehr niedrig, doch dürfte die Dunkelziffer deutlich höher sein, da kaum Kapazitäten für Tests oder Behandlungen zur Verfügung stehen.[7] Dass knapp 30 Prozent aller mit COVID-19 Infizierten im Jemen sterben, ist ein globaler Negativrekord.[8]
Hunger
Krieg und Armut haben eine Hungersnot ausgelöst, die in ihrem Ausmaß kaum zu begreifen ist. Millionen Menschen können ihr Überleben nicht mehr aus eigener Kraft sicherstellen und sind auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Die sich stetig verschlimmernde Krise verursacht vor allem unter Kindern zahlreiche Todesopfer. In den Jahren von 2015 bis 2018 starben Schätzungen zufolge 85.000 Kinder an Hunger.[9] Für 2021 prognostizieren die Vereinten Nationen mehr Opfer, als es in allen vorherigen Jahren gab; es wird davon ausgegangen, dass bis zu 400.000 Kinder verhungern werden. Ihre einzige Rettung könnten internationale Organisationen sein, die mit speziellen hochkalorischen Lebensmitteln schwer unterernährten Kinder zu helfen versuchen. Eine gewaltige Aufgabe, die mit den aktuellen Ressourcen nicht zu schaffen ist.
Von den 16 Millionen durch Hunger bedrohten Jemenit:innen haben 500.000 Menschen so wenig Nahrung zur Verfügung, dass die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) ihre Situation in der höchsten Kategorie IPC 5 – akute Hungersnot, humanitäre Katastrophe – einstuft. Die IPC ist eine von den Vereinten Nationen entwickelte Skala, um verbesserte Analysen hinsichtlich der Ernährungssicherheit eines Landes durchführen zu können. Dieser Einstufung zufolge stehen weitere 5 Millionen Jemenit:innen kurz davor, ebenfalls in die Kategorie IPC 5 zu fallen.[10]
So kann man helfen
Um eine der größten Tragödien unserer Zeit aufzuhalten, bedarf es der Unterstützung und Solidarität wohlhabender Staaten und ihrer Bevölkerungen. Die Komplexität des Krieges, wie sie in Teil 1 dieser Serie beschrieben wird, und das Schweigen der Medien, das Teil 2 der Serie thematisiert, machen es schwierig, Bewusstsein für die Situation zu schaffen. Trotzdem ist es wichtig, sie nicht zu ignorieren und die Jemenit:innen nicht ihrem Schicksal zu überlassen.
Auf das Leid der gefährdeten Menschen aufmerksam zu machen, ist ein erster Schritt zur notwendigen Hilfe. Das kann man zum Beispiel über soziale Netzwerke tun, indem man Beiträge zur Krise im Jemen teilt. Auch Gespräche sind ein Weg, andere Personen dazu anzuregen, sich selbst über den Konflikt und seine Folgen zu informieren.
Viele der im Jemen tätigen Hilfsorganisationen finanzieren sich rein durch Spendengelder. Um Kapazitäten für die Versorgung der Bevölkerung aufzubauen, brauchen sie dringend Unterstützung. Wer mit einer Spende zur Linderung der Not beitragen möchte, kann das unter anderem auf unicef.at[11], aerztederwelt.org[12] und uno-fluechtlingshilfe.de[13] tun. Viele weitere Initiativen engagieren sich ebenfalls für die Menschen im Jemen und nehmen dankend Spenden an.
Quellen
[1] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/jemen/
[2] https://www.internal-displacement.org/global-report/grid2020/
[3] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/
news/uebersicht/detail/artikel/fuenf-jahre-krieg-im-jemen-cholera-und-chaos/
[4] https://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/
the-problem-with-humanitarian-assistance-in-yemen/
[5] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/
news/uebersicht/detail/artikel/fuenf-jahre-krieg-im-jemen-cholera-und-chaos/
[6] http://www.emro.who.int/health-topics/cholera-outbreak/cholera-outbreaks.html
[7] https://twitter.com/YSNECCOVID19/status/
1372622418364235779/photo/1
[8] https://www.aerzteblatt.de/archiv/216476/Jemen-Die-doppelte-Katastrophe
[9] https://www.nytimes.com/2018/11/21/world/middleeast/yemen-famine-children.html
[10] https://news.un.org/en/story/2021/03/1086932
[11] https://unicef.at/aktuelle-hilfe/hunger-in-afrika/
?gclid=Cj0KCQjwl9GCBhDvARIsAFunhsnzMfu-
HmNC7hgfRvTxM8bjb28TQoNB7Eayp3ODnUt2Ki_
Ypqdin9kaAmw8EALw_wcB
[12] https://www.aerztederwelt.org/unsere-projekte/naher-osten/jemen?gclid=
Cj0KCQjwl9GCBhDvARIsAFunhslzsiyHSEhKz1m
V9KSnMmbn_ZAiUQCvz8Th7jw60O-iqsY6ScoyNKMaAnY7EALw_wcB
[13] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/jemen/