
Rassismus – Tatsächlich so offensichtlich?
Dies ist ein Artikel, der zum Nachdenken anregen soll. Zum Nachdenken darüber, wie Rassismus in unserer heutigen Zeit tatsächlich wahrgenommen und vertreten wird. Besonders aufgrund der Ereignisse der letzten Jahre werden Rassismus und Fremdenhass immerzu bedeutungsvoller: sie scheinen in der Gesellschaft mehr und mehr vertreten zu sein und in unterschwelliger Form teils fast schon als akzeptabel zu gelten. Oft wird bei Rassismus an die schlimmsten Varianten der Diskriminierung gedacht, dabei findet dieser oft auch schon ganz subtil statt.
Der Reiz zur Missgunst
Seit der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 scheint eine Zunahme an Fremdenhass sowie auch an Rassismus in der Gesellschaft spürbar zu sein, was womöglich auf die Angst innerhalb der Gesellschaft aufgrund der unerwarteten Situation im Jahre 2015 zurückzuführen ist.
In einer Statistik der Statistica aus dem Jahr 2019, welche sich mit der Anzahl an dokumentierten rassistischen Vorfällen in Österreich von 2008 bis 2018 beschäftigt, wird festgestellt, dass es im Jahr 2018 zu 1920 dokumentierten rassistischen Vorfällen in Österreich kam, während es im Vorjahr noch 1162 Vorfälle waren. Dies zeigt einen enormen Anstieg der dokumentierten Fälle innerhalb von einem Jahr und die Frage stellt sich, wie groß die Dunkelziffer bezüglich nicht-dokumentierter Vorfälle nun wohl tatsächlich sein wird und wie sehr die Anzahl bis heute angestiegen ist.
Ebenfalls stand laut der Antidiskriminierungsstelle Steiermark im Jahr 2019 jede dritte verfolgte strafrechtlich relevante, diskriminierende Meldung bezüglich Hasspostings mit Fremdenhass in Zusammenhang. Ein überwiegender Anteil von 35 Prozent der im Jahr 2019 verfolgten Meldungen wegen Online-Hass hatten vorwiegend Menschen mit Migrationshintergrund im Visier. Das waren in Summe 276 Meldungen.
Rassismus – immer klar?
Es gilt allerdings auch ganz subtilen Formen von Rassismus , die man in der Gesellschaft oft übersieht, seine Aufmerksamkeit zu schenken. Viele Szenarien aus dem Alltag oder auch etwa aus der Politik zeigen unterschwelliges rassistisches Gedankengut auf, gelten dann jedoch teils trotzdem als vertretbar und akzeptabel. Wird es tatsächlich als ein großes Problem wahrgenommen oder gehen beispielsweise „unauffällige“, ungewollte Sprachunfälle als Witz oder Kavaliersdelikt unter?
Wenn man sich Gedankenmuster, welche sich doch oft auch breitflächig durch die Gesellschaft ziehen einmal vors Auge führt, könnte einem auffallen, dass dem Thema Rassismus doch etwas mehr bewusstes Nachdenken zukommen sollte. Der internationale Tag gegen Rassismus heute bietet hierfür einen besonderen Anlass!
Stereotype und Szenarien die zum Alltag gehören
Oft wenn eine betroffene Person ihre Erfahrungen mit Rassismus schildert hört man Dinge wie etwa: „Echt? Das gibt´s noch?“. Wieviel Ernst steht denn tatsächlich dahinter, wenn die Mehrheit der Gesellschaft sich zum Großteil gegen Rassismus ausspricht? Welcher Grundeinstellung entfällt denn die fast schon 0-8-15 typische Phrase „ich bin kein Rassist, aber…“, mit der in nicht allzu seltenen Fällen dann doch auch oft eine rassistische Anmerkung wie etwa „ich hätte nie gedacht, dass diese „Schwarze“ hier Ärztin sein kann. Ist sie nicht doch Krankenschwester? Hat sie denn auch wirklich hier studiert?“ eingeleitet wird?
Wie wahrscheinlich ist es als Person mit Migrationshintergrund bei einer Bewerbung mit vorwiegend österreichischen Kandidat*innen bei einer gefragten Arbeitsstelle auch tatsächlich genommen zu werden? Vor allem wenn man perfekte Deutschkenntnisse hat aber doch ganz offensichtlich anders aussieht, beziehungsweise weniger menschliche Anknüpfungspunkte und Kontakte – sprich „Vitamin B“ – besitzt, beeinflussen oft subtile rassistische Annahmen Entscheidungsprozesse!
Inwiefern muss solch eine Person härter Arbeiten als andere und wird dennoch in ihren Leistungen, ihrer Arbeit und ihren Errungenschaften maßlos unterschätzt, diskreditiert und muss sich allemal wieder neu unter Beweis stellen?
Wird hingehört oder ernst genommen, wenn etwa Student*innen mit Migrationshintergrund bei einer Seminararbeit subjektiv schlechter bewertet werden, ohne eine rechtfertigende Begründung bei Nachfrage an den/die Lehrveranstaltungsleiter*n zu erhalten?
Es wäre interessant zu verfolgen, wieviele anders-stämmige Personen immer wieder die Kraft für solch einen Kampf aufbringen können, und wieviele doch lieber irgendwann auf halber Strecke aufgeben würden. Oder auch inwiefern tatsächlich Maßnahmen getroffen werden, um eine solche Hoffnungslosigkeit zu verhindern.
Es ist nie zu spät!
Dies hier ist ein Appell an alle Menschen, die sich den gesellschaftlichen Herausforderungen oft nicht gewachsen fühlen, nicht aufzugeben und sich nicht durch Vorurteile herunterkriegen zu lassen, sondern trotzdem immer wieder von neuem aufzustehen und Neues zu lernen! Dies ist auch ein Aufruf zur Motivation an alle Betroffenen, die noch weiter gehen wollen und dabei sind ihre Kompetenzen auch tatsächlich zu verwirklichen.
Dies ist auch ein Applaus für all jene, die es bisher geschafft haben den gesellschaftlichen Vorurteilen und Konventionen so gut sie konnten und aus eigener Kraft heraus zu entkommen und mit ihnen zu wachsen. Und auch für alle jene, die es jeden Tag noch aufs Neue versuchen.
Und dies ist auch ein Anstoß zum Nachdenken an all jene, die das Privileg haben etwas weniger Vorurteilen ausgesetzt zu sein. Ein Anstoß dazu, eine Person die offensichtlich „anderer Abstammung“ ist zweimal zu evaluieren, bevor man sie in eine Ecke (ver)stößt.
Eine Herausforderung im Leben – für alle!
Jeder Mensch hat seinen eigenen Kampf im Leben, jeder Mensch hat seine eigenen Herausforderungen im Leben. Einige haben etwas mehr Herausforderungen zu bewältigen als es andere haben. Aber egal welche Stolpersteine jeder Mensch individuell zu überwinden hat, folgendes gilt doch für ziemlich alle: Jeder hat seinen Kampf – fight your good fight and keep your head up right!
Quellen:
https://www.antidiskriminierungsstelle.
steiermark.at/cms/beitrag/12764712/155697755