Kenne deine Rechte

Zeig mir, was du anhast, und ich sag‘ dir, wer du bist!


Cybermobbing – gegen das Mobbing im Internet durch Postings, Nachrichten und Beiträge soll mehr getan werden, hört man immer wieder. Es muss Prävention in Schulen und Kindergärten geleistet und offen darüber geredet werden. Ein Thema, von dem ich sonst immer nur aus den Medien höre, habe ich vor kurzer Zeit selbst miterlebt. Und durch ein bisschen Zivilcourage wurde ich selbst zum Opfer.

Dienstagabend, mir ist langweilig, die Aufgaben habe ich schon gemacht. Ich sitze mit einem Film im Fernsehen laufend im Bett, nebenbei scrolle ich durch meinen Instagram-Feed. Aufgrund der Maturaballsaison suche ich auf dem Netzwerk eine mir bekannte Schule, um Fotos von ihrer Ballvorbereitung zu sehen.

Dann bekomme ich plötzlich die Empfehlung, einer Seite mit demselben Schullogo zu folgen. Dennoch ist es keine offizielle Seite der Schule, sondern eine mit „hypebeast“ markierte Seite. Diese Seiten gibt es in mehreren Ländern und Formen (jetzt auch für diese Schule) und sie haben die Absicht, Fakewaren (bei Markenpullis, Uhren oder Schuhen) in Form von Postings zu publizieren. Die Informationen über die „gefälschte Ware“ geben sich die SchülerInnen selbst, indem sie heimlich die Logos von „Verdächtigen“ überprüfen.

Im Internet passiert dann das, was keiner in der Öffentlichkeit wagen würde: Das Profil als Screenshot mit dem Namen, dem Gesicht und dem getragenen Kleidungsstück wird hochgeladen, dazu wird ein großes „FAKE“ darüber geschrieben, der/die Betroffene in den Kommentaren bloßgestellt und ausgelacht. Die Kommentare, die besorgte SchülerInnen über diesen unwürdigen Akt schreiben, werden gelöscht.

Ich habe schnell reagiert, ohne vorher zu wissen, welche Schritte ich zuerst einleiten sollte. Also habe ich zuerst alle Beweise mit meinem Handy in Screenshots aufgenommen. Ich wollte, dass jeder, der den Gefällt-mir-Button gedrückt hat, in der Realität dazu Stellung nimmt. Und ich wollte, dass die GründerInnen dieser Seite sich ihrer Tat bewusst werden. Ich habe all meine Freundinnen und Freunde dazu aufgefordert, die Seite zu melden. Aufgrund von Hass, aufgrund von Diskriminierung oder Mobbing.

Lustigerweise arbeitet auch der Instagram-Algorithmus in Sachen „Melden“ noch nicht ganz richtig. Viele haben die Seite gemeldet, wurden dann aber darauf hingewiesen, dass auf dieser Seite nichts zum Gemeldeten gefunden wird. Explizite Schimpfwörter kommen nicht vor, lediglich im Dialekt oder in anderen Worten umschrieben finden sich die Beleidigungen.

Es geht aber darum, dass sich Kinder gezielt gegenseitig ausspielen. Und dabei nutzen sie nicht nur verbale Gewalt, sondern ein Publikum von mehr als 110 Personen. Der Marken-Hype ist der neue Charakter dieser Einzelnen, die andere herabwürdigen, nur weil sie sich kein Markenprodukt kaufen können oder möchten.

Eine Freundin und ich sind aufmerksam geworden und haben zusätzlich auch noch Kommentare verfasst, die den Betreibenden der Seite ihre Rufschädigung der Schule und die Verletzung des Einzelnen vor Augen führen sollen. Wir haben uns nicht derselben Sprache bedient wie die MobberInnen. Sofort wurden unsere Kommentare gelöscht und wir blockiert. In einer öffentlichen Story dieser Seite hieß es dann, ob wir unsere Eltern auf sie losgelassen hätten, dass wir Älteren immer alles besser wüssten. Wir wurden beschimpft und als falschdenkend abgestempelt. Und daraufhin haben wir mit vielen anderen SchülerInnen gesprochen, die in diese Schule gehen. Mittlerweile weiß das schon die Direktion, in deren Hand dieses Verfahren jetzt liegt. Die Hasspostings habe ich auf banhate geteilt, eine App, die die Meldungen gleich zur Antidiskriminierungsstelle des Landes Steiermark weiterleitet, die danach weitere Schritte einleiten kann.

Fakeware ist, wie die BetreiberInnen behaupten, nicht erlaubt, aber wird im Normalfall anders zur Anzeige gebracht. Hier werden die Persönlichkeitsrechte offensichtlich und schamlos verletzt
. Der/Die Betroffene hatte übrigens angegeben, für diesen Pulli 800 Euro bezahlt zu haben. Dafür wurde er/sie von allen Mitlesenden verurteilt. Aber warum das Opfer das wohl sagte? Vielleicht, weil es einmal dazugehören wollte, in einer Gesellschaft, die sich nur mehr mit dem, was du anziehst, beschäftigt
. Zeig mir deine Marke, und ich zeig dir, wer du bist.


In unseren FAQs: Wie gehe ich gegen ein beleidigendes Posting im Internet vor?


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