
Vom richtigen Wording und dem Recht auf Inklusion
„Die Special Olympics? Naja das ist doch das, was die Behinderten machen, oder?“, meint die junge Frau auf meine Frage, ob sie wisse, was die Special Olympics sind und wofür sie stehen. Wir stehen vor einem Plakat in der Innenstadt von Graz. Es wirbt für die Pre-Games der World Winter Games, die kommendes Jahr in der Steiermark über die Bühne gehen werden.
Ähnliche Antworten bekommt man von vielen. Problem ist weniger die Art der Werbung. Allein in Graz gab es im Vorfeld der Pre-Games, die vom 10. bis 15. Jänner in Schladming, der Ramsau und Graz ausgetragen wurden, etliche Plakate, die die Menschen auf diese aufmerksam machen sollten. Vielmehr scheint es die Ignoranz und bis zu einem gewissen Grad die Unwissenheit eines Großteils der Menschen zu sein. Auch als ich in meinem Familien- und Freundeskreis das Thema ansprach, stieß ich vor allem auf eines: Verwirrung. Behinderung, ja, dieses Wort fiel häufig. Doch ob es sich bei den AthletInnen um Menschen mit körperlicher oder intellektueller Beeinträchtigung handelt, wissen die wenigsten
. Auch ich muss zugeben: Bevor ich eine Woche als Volunteer im Media-Team verbracht habe, hatte ich wenig Ahnung von den Special Olympics und der Wichtigkeit dieses großen Events.
Richtiges Wording ist gefragt
„Wir nennen die Beeinträchtigung unserer AthletInnen ‚intellektuelle Beeinträchtigung‘“, stellt Heri Hahn, Pressechef der Special Olympics Austria bei unserem ersten Briefing klar. Es gibt eine eigene Liste mit Wordings, die bei jedem Text und jedem Video, die nach außen kommuniziert werden, eingehalten werden müssen. Viele der AthletInnen selbst bezeichnen sich in Interviews als „BehinderteR“, doch das soll nicht dazu verleiten, es ihnen gleich zu tun
. Mit dem richtigen Wording geht Respekt einher und auf diesen hat jeder Mensch ein Anrecht.
Hat man sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt, wählt man häufig vollkommen unbeabsichtigt die falschen Worte. Während meiner Zeit bei den Special Olympics wurde ich auch mehrmals mit der Frage konfrontiert, was genau der Unterschied zwischen diesen und den Paralympics sei. Das meint niemand böse, doch es existiert eben doch ein Unterschied und auf diesen muss auch hingewiesen werden.
Der Hintergedanke
Die Special Olympics wurden 1993 zum ersten Mal in Österreich ausgetragen. 2017 wird es erneut so weit sein. Das macht Österreich neben den USA zum bisher einzigen Land, in dem die Spiele bereits ein zweites Mal ausgetragen werden. Die World Winter Games werden – wie auch schon die diesjährigen Pre-Games – in Graz, Schladming und der Ramsau stattfinden. Über 3.000 SportlerInnen aus 100 verschiedenen Nationen werden sich in den unterschiedlichen Wintersportarten messen und ihre GewinnerInnen küren. Anders als bei den meisten anderen Sportveranstaltungen steht bei den Special Olympics der soziale Gedanke im Vordergrund. Inklusion und Integration von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung werden großgeschrieben und man möchte die weltweite Akzeptanz und das Verständnis fördern.
Emotion und Motivation
Alina Magagna ist in Graz beim Delegation Service. Seit sie in L.A. im Sommer 2015 erstmals dabei war, ist sie Feuer und Flamme für die Special Olympics. Besonders begeistert ist sie von den Emotionen, die die AthletInnen vermitteln. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie überwältigend die ungebrochene Motivation der SportlerInnen sein kann. Da kann es auch vorkommen, dass man von einer wildfremden Person herzlich umarmt wird, weil diese sich so freut und so stolz auf sich ist, dass sie diese Freude teilen möchte. Diese Tatsache macht es in meinen Augen umso wichtiger, zumindest in einer Stadt wie Graz, die sich die Menschenrechte seit nunmehr 15 Jahren an ihre Fahnen heftet, für mehr Verständnis und Akzeptanz zu sorgen.
„Nicht so ganz“, meine ich zur jungen Frau, die neben mir vor dem Plakat steht. „Hier geht es um Wintersport-Bewerbe für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Nächstes Jahr finden die World Games hier in Graz statt.“ Die junge Frau nickt und sagt: „Das finde ich gut! Eigentlich schade, dass ich so wenig darüber weiß.“ Vielleicht wird sie ja im kommenden Jahr als Volunteer dabei sein.
Bild: (C) GEPA