Kenne deine Rechte

Wenn keine Mama da ist, zu der man gehen kann


Sie macht ihre Arbeit von Herzen.“ (Ruhollah Safizadeh) Ruth Seipel, Gründerin des Vereins Mentorus, erhält dieses Jahr zusammen mit zwei weiteren Preisträgern den Menschenrechtspreis der Stadt Graz für ihr Engagement in Bezug auf Menschen und Menschenrechte.

mentorus – Unterstützung und Anker

Seit ungefähr einem Jahr betreut Ruth Seipel ehemalige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zwischen achtzehn und fünfundzwanzig Jahren. Diese jungen Erwachsenen sind ganz auf sich alleine gestellt, sie haben keine Mama, zu der sie die Wäsche bringen können oder zu der sie am Ende des Monats gehen können, wenn das Geld ausgeht. „Ich wollte es für mich und ich mache diese Dinge auch für mich selbst.“ Was Frau Seipel für sich macht, kommt ihren Jungs, wie sie die jungen Männer nennt, zugute. Dass die öffentliche Wahrnehmung von Flüchtlingen nicht allzu positiv ist, war ein weiterer Grund dafür, eine Plattform zu erschaffen, um mit den jungen Menschen an die Öffentlichkeit zu gehen und ihr Potential zu zeigen,
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Im Moment betreut sie zwischen zwölf und siebzehn Jugendliche. „Es ist nix fixes und auch sehr individuell, und zufällig ergeben sich dann Projekte, die man gemeinsam macht.“ Frau Seipel möchte die jungen Erwachsenen über einen sehr langen Zeitraum begleiten und für sie im allerschlimmsten Notfall ein Anker sein.

Man erzählt es sich halt in der Community weiter“

Von dem Verein haben die meisten Jungs von Freunden gehört. Wie z.B. Ruhollah aus Afghanistan. Er lebt seit einem Jahr und vier Monaten in Österreich und hat vor ungefähr sechs Monaten durch einen Freund von Ruth Seipel erfahren. Sein Freund hat ihn dann mit zum Fußballplatz genommen, wo Frau Seipel ihre Jungs trainiert hat. Seitdem kommt Ruhollah zweimal in der Woche zu ihr, um seine Deutschkenntnisse zu vertiefen. Es ist ihm anzusehen, wie gut ihm der Kontakt mit Frau Seipel tut und wieviel Spaß die Jungs miteinander haben.

Mädchen betreut Frau Seipel nicht, doch nicht mit Absicht. Oft überleben junge Frauen die Flucht nicht oder werden gar nicht erst losgeschickt. Schließlich wird meistens der Stärkste der Familie auf die lange und schwere Reise geschickt. „Auch wenn einige sagen, man soll die Kinder, die Familie mitnehmen, würde ich als Mutter niemanden wissentlich in den Tod schicken.“

 „Und wir haben keinen Spaß“

Als Najib Abdullahi Hassan aus Somalia von den Tagen in Bad Aussee erzählt, meint er, sie hätten gar keinen Spaß gehabt und alle im Raum Anwesenden müssen herzlich lachen. Najib verbreitet gute Laune und in seiner Unterhaltung mit Ruth Seipel hören, dass die beiden viele gemeinsame Insider haben und gerne Späße machen. Für ein Projekt im nächsten Jahr waren ein paar der Jungs schon zweimal mit Ruth Seipel in Bad Aussee: 2016 wollen sie zusammen mit der Gemeinde und der Jungschar einen Blumenkorso gestalten.

Der Grundansatz von Seipels Projekten ist, dass sie entweder mit der oder für die einheimische Bevölkerung durchgeführt werden. Unter anderem haben die Jungs einen denkmalgeschützten Keller im Mehrgenerationenhaus in Waltendorf zu einem Proberaum umgebaut, waren im Zuge den Projektes „Bewegte Begegnungen“ in der Schwarzlhalle, in Nickelsdorf und am Wiener Hauptbahnhof; wo sie insgesamt dreihundertfünfzig Stunden gedolmetscht haben und laufen bei Run4Unity beim Graz Marathon mit
. Najib trainiert montags mit einem österreichischen Trainer schon für den nächsten Graz Marathon und ist topmotiviert – er will ja gewinnen.

Ein großes Dankeschön

Wie ist das oft so mit Überraschungen? Ruth Seipel realisiert noch nicht ganz, dass sie den Menschenrechtspreis der Stadt Graz gewonnen hat. Sie hatte zwar erfahren, dass jemand überlegt hatte, sie für den Preis zu nominieren, doch das war bald vergessen. Eines Tages flatterte die Überraschung zur Tür herein – der Brief des Bürgermeisters. Mit diesem Preis sagt Graz Danke. Danke für ihr Engagement und ihre Arbeit.

Auch ihre Jungs sagen danke, mit einer Umarmung von Ruhollah: „Frau Ruth macht ihre Arbeit wirklich von Herzen und dafür möchte ich ihr danken.“ 

 

MenschenrechtspreisträgerInnen der Stadt Graz 2015: Ruth Seipel für die Plattform mentorus, Günther Ebenschweiger für sein Gewaltpräventionstraining in Schulen und das Steirische Kriseninterventionszentrum.

 


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