Kenne deine Rechte

Menschenrechte sind mehr Traum als Wirklichkeit


Passend zum kürzlich begangenen Menschenrechtstag (10
. 12.) ist es durchaus angebracht zu überlegen, wie der Stand der Dinge in Sachen Menschenrechte am europäischen Kontinent ist. Wie hat sich die Situation im letzten Vierteljahrhundert entwickelt, was hat sich womöglich verändert? Inwieweit wird der europäische Gedanke in die Realität umgesetzt?
Es war ein langer Weg und ein harter Kampf die Rechte des Menschen auf Papier zu bringen, und doch wurden die Grundrechte am 10. Dezember 1948 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fixiert. 30 Artikel, die erklären, dass jeder Mensch gleich ist und ein Grundrecht auf die Befriedigung gewisser Bedürfnisse hat, egal wo er oder sie sich befindet. Betrachten wir die aktuelle Situation auf dem europäischen Kontinent und wagen wir vereinzelt Rückblenden in die Geschichten der einzelnen Staaten.

Europäischer Gedanke im Zwiespalt

Das Bewusstsein gegenüber Menschenrechten ist, ohne Frage, in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Die Basis der Europäischen Union thront auf der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“. Sie wahrt die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde sowie die Prinzipien Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit. Die tatsächliche, generelle Umsetzung gestaltet sich allerdings schwierig. Verfechter/innen sind teilweise der Meinung, dass das Schriftstück sechzig Jahre nach der Herausgabe keinesfalls der Wirklichkeit entspricht, dafür gibt es zu viele Verstöße in allen Teilen der Welt, auch in Europa.

Europas Politiker/innen entschieden beispielsweise vor dem Hintergrund der Terrorismusbekämpfung, die universellen, also die für alle gültigen, Menschenrechte in bestimmten Fällen neu auszulegen. Dazu gehörte es, Terrorismusverdächtigen weniger Rechte zuzusprechen als anderen mutmaßlichen Straftäter/innen. Die Begründung dafür war, in Europa könne es entweder Sicherheit oder Menschenrechte geben, beides zusammen sei nicht möglich. Durch die eigene Angst getrieben gaben sich viele EU-Bürger/innen mit diesen Argumenten zufrieden. Und waren bereit, auf gewisse Rechte zu verzichten, zumal es auch nicht ihre Rechte waren oder zu sein schienen, die auf dem Spiel standen.

Niemand hat eine weiße Weste

Geht es um die Nichteinhaltung dieser Regelungen, denkt man vermutlich zuerst an Staaten wie Russland, China oder die USA, allerdings sollte jeder europäische Staat auch vor seiner eigenen Staatstüre kehren.

Betrachtet man Österreich, so wurde 2012 laut Amnesty Report 2013 der Einsatz von Elektroschockwaffen der Polizei vom Innenministerium genehmigt. Die Elektroschockwaffen wurden als grundsätzlich nicht lebensgefährlich eingestuft. Berichten zufolge wurden damit jedoch in mehreren Ländern Menschenrechtsverletzungen begangen. Der Gebrauch soll daher offiziell nur dann stattfinden, wenn die Polizeibeamt/innen ansonsten ihre Schusswaffe verwenden würden.

Richtet man seinen Blick ein klein wenig östlicher nach Weißrussland, so scheinen massive Einschränkungen der Menschenrechte auf. Die ehemalige Sowjetrepublik Belarus gehört zu den Staaten, in denen die Grundfreiheiten am stärksten verletzt werden. Der starke Mann des Landes, Präsident Alexander Lukaschenko, ist seit 1994 durch eine faktisch nicht vorhandene Opposition sowie Wahlschwindel im Amt. 2010 sicherte er sich durch angeblich manipulierte Wahlen seine vierte Amtsperiode.

Besonders nach dem harten Vorgehen der autoritären Regierung gegen Personen, die gegen die manipulierte Präsidentenwahl protestierten, haben viele die Hoffnung auf wirksame Durchsetzung der Menschenrechte verloren. Tausende Menschen protestierten auf den Straßen der Hauptstadt Minsk gegen die Wahlen, viele von ihnen wurden verhaftet und geschlagen. Weiters wird das Grundrecht auf Religionsfreiheit durch das Inkrafttreten des Religionsgesetzes von 2002 stark eingeschränkt. Das Gesetz sieht eine strenge Regierungskontrolle über das Wirken der Kirchen und sonstigen religiösen Institutionen vor, außerdem ist die Registrierung aller Gruppen verpflichtend. Da gleichzeitig auch Meinungs- und Pressefreiheit massiv eingeschränkt sind, ist es schwierig, konkrete Informationen über die Verstöße aus dem Land direkt zu erhalten
.

Man sollte glauben, wir hätten aus der Vergangenheit und den dunklen Zeiten jedes Landes gelernt und würden die Zukunft zu einer besseren machen. Pressefreiheit, Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit sind in Österreich ein hart errungenes Gut, das es zu bewahren gilt. Doch sollten wir uns wohl öfters in Erinnerung rufen, dass das Wort „Menschenrecht“ zwar schnell in den Mund genommen wird, die Umsetzung jedoch noch weit ausbaufähig ist.


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