Kenne deine Rechte

Flüssiges Gold


Beschleunigter Herzschlag, erhöhte Atemfrequenz und Schwindelgefühle
. Schweißfluss und Harnproduktion versiegen. Der Betroffene ist verwirrt und fällt schließlich ins Koma. Der Grund? Dehydration, auch bekannt als Wassermangel.

Obwohl Trinkwasser in den nördlichen Ländern der Erde sowohl als wichtigstes und unersetzliches Lebensmittel, wie auch in Verbindung mit Körperpflege und Reinigung reichlich zur Verfügung steht, gilt es nicht überall als selbstverständliches Gut. Im Gegenteil: Weltweit wird Wasser immer mehr zu einem kritischen Überlebens- und Entwicklungsfaktor. Fast zweieinhalb Milliarden Menschen und somit mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung leiden an Wassermangel. Die nötigen Sanitäranlagen zur Ableitung und Klärung von verschmutztem Wasser fehlen vor allem in ärmeren Gebieten. Mit schlimmen Folgen für Kinder und Erwachsene.

Nach Schätzungen der WHO führen Wassermangel, verseuchtes Trinkwasser und die dadurch ausgelösten Krankheiten jährlich bei etwa 2,4 Millionen Menschen zum Tod. Betroffen sind davon größtenteils Kinder unter fünf Jahren. Umgerechnet bedeutet dies Folgendes: Alle 20 Sekunden stirbt ein Kind an eigentlich einfach zu behandelnden Krankheiten wie Durchfall.

Der Hauptauslöser für Gewässerverschmutzung ist jedoch nicht nur der Müll von Fabriken und Großstädten, welcher vor allem in Ländern des globalen Südens bis zu 90% unbehandelt in Seen und Flüssen landet. Meistens liegen die Ursachen auch bei Landwirtschaft, giftigen Düngemitteln und fehlenden sanitären Anlagen. Mit einer plötzlichen Verbesserung wird nicht gerechnet: Wohl eher wird befürchtet, dass sich diese Zustände in Zukunft als Folge des Klimawandels weiterhin verschlechtern. Lebten 2005 weltweit etwa 745 Millionen Menschen in Ländern, in denen Wassermangel oder Wasserknappheit herrschte, wird sich die Zahl bis zum Jahr 2025 wahrscheinlich versiebenfachen.

Nun stellt sich also die Frage: Wenn diese Fakten weltweit bekannt sind, warum ändert denn niemand etwas daran? Die Problematik ist jedoch weit komplexer. Zahlreiche Entwicklungsprojekte, wie beispielsweise die deutsche Organisation „Wasser für Afrika“ oder das Projekt „charity: water“ widmen sich der Lösung des Problems. 2-3 Milliarden Menschen werden dennoch von keinem dieser Projekte erreicht. Und das, obwohl das „Recht auf Zugang zu sauberem Wasser“ bereits am 28. Juli 2010 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt wurde.

Wasser – ein Menschenrecht

Neben dem Grundrecht auf Leben, angemessene Ernährung und medizinische Versorgung, zählt auch der Zugang zu sauberem Wasser zu den Menschenrechten. Eine Tatsache, die vielen unbekannt ist.

Zur Sprache gebracht wurde das Recht erstmals 2010 von Bolivien und 33 anderen Staaten bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen. 122 der UNO-Staaten stimmten für die Resolution, 29 Staaten waren bei der Versammlung nicht anwesend und 41 enthielten sich ihrer Stimme. Darunter schockierender Weise auch die USA und Kanada, die begründeten, dass es kein „internationales Recht“ auf sauberes Trinkwasser gäbe.

Dennoch beschlossen die Vereinten Nationen vor allem in Ländern des globalen Südens in Wasserinfrastruktur zu investieren und so bis 2015 die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser zu halbieren. Jetzt, vier Jahre später, liegt dieses Ziel jedoch nach wie vor in weiter Ferne.

Und wer ist Schuld…

Theoretisch gäbe es auf unserer Erde genug Wasser für jeden. Vorausgesetzt, die Versorgung mit Wasser wäre gerecht. Doch das ist sie nicht!

Laut UN sind pro Mensch und Tag 50 Liter Wasser nötig, um Essen zuzubereiten, für Hygiene zu sorgen und Krankheiten zu vermeiden. Allein in den Industrieländern Europas werden pro Person täglich jedoch mehrere hundert Liter Wasser verbraucht. Wasser, das wir nicht nur über unsere Nahrung aufnehmen, sondern auch zum Duschen, Geschirrspülen und Blumengießen verwenden. Im Jahr 2012 wurden in Österreich beispielsweise mehr als 300 Millionen Tonnen Fleisch produziert
. Was oft jedoch nicht bedacht wird: Für die Herstellung nur eines Kilos werden für den Anbau von Futterpflanzen, Transport und dergleichen bis zu 20.000 Liter Wasser benötigt. Eine Menge, die in Afrika Leben retten könnte.

Und viele große Unternehmen schließen die Augen: Für sie ist Wasser nichts weiter, als eine sprudelnde Ertragsquelle. Quasi „der“ Rohstoff des 21. Jahrhunderts.

Hoffnung in Sicht?

Es wird noch viel Arbeit nötig sein, um das Ziel „Wasser für alle“ in die Tat umzusetzen. Dennoch konnten in den letzten Jahren Erfolge erzielt werden. Im Jahr 1990 hatten 77% der Weltbevölkerung Zugang zu Trinkwasserquellen, nur 12 Jahre später war die Anzahl auf 83% gestiegen. Besonders in Ländern des globalen Südens, in denen auch die Bevölkerungszahl rasant zunimmt, sind diese Zuwachsraten ein großer Erfolg. Der ostafrikanische Staat Tansania gilt als Paradebeispiel: Hier stieg der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu sauberem Wasser von 38% auf 73%.

Mit Blick auf diese Erfolge wird sauberes Trinkwasser eines Tages hoffentlich für alle Menschen mehr als nur ein Wunsch sein.

 

Weiterführende Links

FACT-SHEET: Fakten und Zahlen zu Wasser (Deutsche Welthungerhilfe e.V., Bonn)

Wie viele Menschen (er)trägt die Erde? (Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Hannover)

 

Foto © Janet Newenham

 


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