Kenne deine Rechte

Religionsfreiheit ist Menschenrecht – warum nicht in der Schule?


Ein Klassenraum irgendwo in Österreich. Tafel, Tische, Waschbecken. Und ein Kreuz an der Wand. Und das, obwohl die österreichischen SchülerInnen nicht so einheitlich sind wie ihre Unterrichtsräume.

Religion ist ein Fach wie jedes andere. Nur im Gegensatz zu Biologie und Mathematik ist der eigene Glaube eine sehr persönliche Entscheidung. Natürlich gibt es die Möglichkeit, den Religionsunterricht der jeweils eigenen Glaubensrichtung zu besuchen, aber laut einer Studie der Österreichischen Gesellschaft für Schule und Recht im Jahr 2009 bezeichnen sich nur 38 % der österreichischen Jugendlichen als religiös. Und was ist mit dem Rest?

Zwangsunterricht für Ungläubige?

Eigentlich war in Planung, als Alternative zum typischen Religionsunterricht das Fach „Ethik“ einzuführen, bei dem Glaubensthemen unabhängig von einer bestimmten Religion behandelt werden. Doch diesem Vorhaben wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht: Im Zuge des allseits ungeliebten Sparprogramms der Regierung wird auf diesen Unterricht verzichtet. Somit bleibt Nicht-Religiösen nur, den Religionsunterricht per Brief an die Direktion komplett ausfallen zu lassen. Ob das jetzt der persönlichen Entwicklung und Meinungsbildung sehr förderlich ist, sei einmal dahingestellt.

Das Kreuz mit dem Kreuz!

Aber auch wenn man sich selbst zu der Gruppe der Religiösen zählt, hat sich das Thema der Religionsausübung nicht erledigt, wenn man den passenden Unterricht besucht: In Österreich ist gesetzlich festgelegt, dass in einer Schule mit mehrheitlich christlichen SchülerInnen in jeder Klasse ein Kreuz aufgehängt werden muss. Und dabei wird komplett ignoriert, wie die Meinung der Klasse zu diesem Thema aussieht. Ganz zu schweigen davon, was das Gesetz vorschreibt, sollten ChristInnen in der Minderheit sein: Nämlich absolut gar nichts.

Natürlich ist das Christentum historisch bedingt ein Teil der österreichischen Kultur, doch inwiefern werden Traditionen gefährdet, wenn man auf dieses Kreuz verzichtet? Schließlich macht den Glauben bei weitem mehr aus als ein winziges Symbol in einer Klasse, das die meiste Zeit sowieso nicht beachtet wird. Und durch den einfachen Verzicht auf dieses fühlt sich dann auch niemand beleidigt oder ausgegrenzt
.

„Aber „die“ dürfen das doch auch“!

An dieser Stelle schreien „Kreuz-Verfechter“ regelmäßig auf, dass aber zum Beispiel Muslima durch das Tragen eines Kopftuchs ihren Glauben sehr deutlich zum Ausdruck bringen. Der Unterschied ist ein ganz einfacher: Während die Entscheidung, ob man ein Kopftuch trägt oder nicht, eine persönliche ist, wird bei diesem Kreuz über die Köpfe derer, die dieses Symbol repräsentieren sollen, hinweg entschieden
. Zu jedem anderen Thema wäre dieses Szenario undenkbar. Warum also soll das gerade bei Religion anders sein? Schließlich sind die meisten von uns schon im 21. Jahrhundert angekommen. Oder nicht?

Weiterführende Links:

 

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit:

  • Artikel 18, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948
  • Artikel 9, Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, 1950

 


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