
Die Schokoladenseite unserer Tradition
Jedes Jahr in der Faschingszeit kann man in unserem Land ein ähnliches Schauspiel beobachten: Kinder wie Erwachsene erfreuen sich an ihren Verkleidungen und haben Spaß daran, für kurze Zeit in andere Rollen zu schlüpfen. Ob Cowboys oder Indianer, Clowns oder Superhelden, alles begegnet einem auf diversen Festivitäten und auf der Straße. Wer sich jedoch wundert, warum die örtliche Faschingsgilde ihr Gschnas dieses Jahr in der Wiener Hofburg abhalten darf, der hat sich leider geirrt. Die Herren mit den lustigen Mützen und bunten Bändern, welche einem am 27.1. dort begegnen werden, haben einen eher unlustigen Hintergrund: Es ist wieder Zeit für den Ball des Wiener Korporationsrings (WKR).
Dunkle Schatten auf einem schillernden Bauwerk
Bereits seit über 40 Jahren wird der WKR-Ball nun in der Hofburg abgehalten. Während die strammen Burschen und ihre alten Herren noch die beste Uniform aus dem Kasten kramen, gibt es im Vorfeld bereits große Aufregung um die Hofburg als Austragungsort. Die Diskussion hat sich gelohnt, man hat offensichtlich die negative Symbolik hinter einer Örtlichkeit wie dieser für einen solchen Ball erkannt und so sind die Burschis gezwungen, ihre Säbel ab nächstem Jahr anderswo rasseln zu lassen.
Auch das Datum des diesjährigen Balls ist, ob beabsichtigt oder nicht, äußerst unpassend. Schließlich handelt es sich beim 27.1. um den internationalen Holocaust Gedenktag, den Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz im Jahre 1945. Dass der WKR hier ein so hohes Maß an Anteilnahme zeigt wie stets am 8. Mai beim Gedenken an seine „toten Helden“, die Vorfahren welche so tapfer für das Deutsche Reich gekämpft haben, darf man getrost bezweifeln
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(K)ein Aufmarsch der rechtsextremen Szene?
Doch auch für die stets feucht-fröhlichen Burschenschafter ist das Leben nicht immer einfach. Sollte die Frau zu Hause einen Moment abseits des Herds gefunden haben um ihrem Mann die Abendgarderobe zurechtzulegen, gilt es schließlich noch, sich diese nicht von den zahlreichen linkslinken TerroristInnen bekleckern zu lassen, die am Abend der großen Feier zu erwarten sind. Zum Glück weiß man sich aber wie jedes Jahr von der österreichischen Exekutive beschützt, welche mit aller Härte gegen die Demonstrationen vorgeht oder sie gleich von vornherein verbietet. Wieso diese Personen überhaupt gegen einen Ball demonstrieren, ist den Meisten noch immer unverständlich – hatten sie etwa im Geschichtsunterricht besseres zu tun als zu schlafen?
Medial hat der WKR-Ball wie immer für großes Aufsehen gesorgt
. Besonders eine Aussage des Wiener FPÖ-Gemeinderats und Burschenschafters Wolfgang Jung im STANDARD Interview vom 23.1. kann man aber ohne weiteres als bedenkliche Drohung sehen. Auf die Frage, ob das letztmalige Stattfinden des Balles in der Hofburg ein Problem für ihn darstelle, meinte er, es sei möglich, dass es vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr nicht der Fall sein wird. „Aber die FPÖ wird wieder an die Regierung kommen, und dann werden wir sehen, ob der Betreiber dann immer noch der gleichen Meinung ist.“ Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie ein Geschichtsbuch oder fragen Sie Ihre Großeltern.
Foto: Schönswetter, Schmiss gegen Rechts