
Politik ist aktiv werden – Ein Interview mit Alida Stroisnik
Viele Jugendliche fühlen sich von der Politik vernachlässigt. Die Landesschulvertreterin Alida Stroisnik verrät, wie Schüler:innen in den politischen Diskurs eingebunden werden können.
Alida, willst du dich kurz vorstellen und erzählen, was du so machst?
AS: Ich bin Alida Stroisnik mit K und bin Schulsprecherin der de La Tour Schulen in
Seiersberg. Darüber hinaus bin ich Landesschulvertreterin an der dritten Stellen. Meine
Aufgaben in dieser Funktion sind mich mit den Themen EU und Internationales zu
beschäftigen. Zusätzlich organisiere ich Kampagnen und Podiumsdiskussionen, so z.B.
im Rahmen von ‘Mein Bezirk‘ – das ist ein Regionalmedium – zur Landtagswahl 2024 mit
den ganzen Spitzenkandidaten, also Christopher Drexler, Anton Lang und den anderen.
Diese Diskussion war speziell für Schüler:innen gemacht und war auch sehr erfolgreich.
Außerdem habe ich auch vor, zu den EU-Abgeordneten nach Brüssel zu reisen. Das ist
möglich, weil jeder Abgeordnete im EU-Parlament über ein gewisses Budget verfügt,
damit eine solche Anreise gesponsert werden kann. Oder einfach so derartiges einfach
machen.
Jetzt hast Du schon angesprochen, dass Christopher Drexler und Anton Lang bei
euch waren. Wer hört sich ganz generell jene Anliegen an, die Ihr in der
Landesschulvertretung aussprecht?
AS: Grundsätzlich gibt es ein Schülerparlament. Dort verfassen wir als
Landesschulvertretung (LSV) Anträge, die anschließend in den steirischen Landtag
kommen. Ich habe etwa meinen letzten Antrag über politische Bildung verfasst. Andere
befassen sich mit gratis Menstruationsartikeln für Mädchen, der Digitalisierung und der
Abschaffung der VWA (Vorwissenschaftliche Arbeit). Zur politischen Bildung oder
Finanzbildung macht etwa jedes SiP immer wieder einen Antrag, dabei lassen wir nicht
locker.
Wie bist du eigentlich zu diesem Amt gekommen?
AS: Eben als Schulsprecherin. Ich bin auch in der Schülerunion, das ist eine Organisation
für Schüler. Die Schulsprecherin vor mir war auch schon in der Schülerunion. Die sind dadurch mich aufmerksam geworden und auf mich zugekommen, weil ich darüber hinaus
schon in Brüssel mit dabei war. Kurz gesagt, die suchen einfach organisierte
Schulsprecher:innen, die einfach mitmachen und Lust haben etwas zu tun.
Von den 14-19-jährigen Jugendlichen wünschen sich 57 Prozent mehr
Mitbestimmung in den Schulen. Wie denkst Du, kann diese Zahl erhöht werden?
AS: Ich glaube, grundsätzlich gilt das Zitat: Wissen ist Macht. Viele wissen auch gar
nicht, dass sie die Möglichkeit zur Mitbestimmung in der Schule haben. Dahingehend ist
noch viel Aufklärung zu leisten. Man muss mit den Schülern:innen arbeiten und ihnen zu
zeigen, was sie für Möglichkeiten besitzen.
Momentan herrscht in der Politik die Wahlstrategie, durch Unwissenheit an die Macht zu
gelangen. Politiker nutzen wahrscheinlich sehr schnell aus, irgendeinen Schülerwunsch
aufgreifen, einen, der gerade sehr polarisiert und als Catchphrase zu missbrauchen. Aber
wirklich im Detail beschäftigen sich die wenigsten Politiker damit. Das ist ein großer
Fehler. Wenn man allerdings durch Aufklärung Menschen ihre Möglichkeiten aufzeigt, ist
dass das wichtig. So versteht man nämlich erst, wie Demokratie funktioniert. Demokratie
ist schön und ist eine super Regierungsform. Aber man muss halt wissen, wie man sie
lebt.
Auf Instagram hast du dich für mehr Politik im Unterricht eingesetzt. Wie genau
sehen deine Vorstellungen dazu aus?
AS: Ich hab dir schon gesagt, dass ich einen SiP-Antrag dafür geschrieben habe. Es gilt
grundsätzlich, Politik sollte im Klassenzimmer stattfinden. Damit eine Demokratie
funktioniert, musst du wissen, wie sie funktioniert. Deshalb ist es wichtig, dass man ab
dem Jahr, ab dem man Wahlberechtigt ist, diese Aufklärung bekommt. Weil das so ist,
folgen so viele Schüler:innen auf Instagram ihrer favorisierten Partei. Wahrscheinlich
folgen jedoch nur wenige allen Parteien. Wenn du dich allerdings politisch engagierst,
solltest du alle Parteien auf Instagram abonniert haben. Wenn man nun alles mitbekommt,
was diese Parteien machen, muss eben auch im Schulunterricht der Raum für einen
Austausch geschaffen werden.
Der stärkste Einwand gegen politische Bildung im Unterricht baut auf dem Argument auf,
dass der Lehrkörper Partei ergreifen und seine politische Einstellung auf die Schüler
übertragen könnte. Jedoch bedeutet das nicht zwingend, dass man mit dieser Parteinahme des Lehrkörpers als Schüler:in nicht umgehen lernen kann. Man kann sogar
Parteien an die Schule einladen. Das ist egal, es sollten eben nur immer mindestens zwei
verschiedene Parteien sein. Diese tauschen sich dann quasi im Unterricht aus und die
Schüler können aktiv Interesse zeigen und Fragen stellen. Und mithilfe von Planspielen,
bin ich ein riesiger Fan davon, wird Politik lebendig. Man kann z.B. eine Gesetzgebung
oder EU-Wahlen nachspielen. Damit haben die Schüler schon einmal einen Wahlzettel in
der Hand haben, bevor sie in Wirklichkeit wählen gehen. Es gibt also viele Möglichkeiten
Politik im Unterricht einzusetzen.
Laut dem Standard fühlen sich nur 6 Prozent der Jugendlichen von der Politik
angesprochen. Was denkst du, kann das LSV dazu beitragen, diese Zahlen zu
verbessern?
AS: Ich habe jetzt eine Kampagne geplant, die für eine große Schülermasse zugänglich
sein soll und darauf abzielt, viele Schüler:innen in die Politik einzubeziehen, denn Politik
ist aktiv zu werden. Es ist klar, dass keine neun Millionen Menschen ins Parlament passen.
Die Menschen, die dort drinnen sitzen, sollten jedoch ihre Stimmen der Bevölkerung
wiedergeben. Das machen wir als LSV auch. Wir hören uns die Probleme der Schüler an
und vertreten sie aktiv vor den Politikern. Wir haben uns mit jeder Partei getroffen, um
einen Austausch herzustellen und haben gesagt: Schaut’s her, das sind Probleme, bitte
tut’s was dagegen! Oder wir fragen, was können wir tun? Braucht ihr Unterstützung?
Können wir euch helfen? Und ja – „I guess“ – mit Aufklärung, damit Schüler wissen, wie
sie sich selbst helfen können und nicht als Wählerstimme ausgenutzt werden, würde das
gut zusammen funktionieren.
Viele Jugendliche fühlen sich von der Politik ignoriert. Was glaubst du, braucht es,
damit Jugendliche die Politik besser Mitgestaltung können?
AS: Besser Mitgestalten können; Ich glaube, das geht ein bisschen Hand in Hand mit
dem, was ich vorher gesagt habe. Ich glaube, viele wissen nicht einmal genau, wo sie
beim Mitgestalten anfangen können. Ich wurde ja gefragt, ob ich in der Schulpolitik
mitmachen will. Und klar, ich war politisch organisiert. Aber ich hatte keine Ahnung, was
die LSV ist. Ich glaube, dadurch, dass man aktiv zu Leuten hingeht und erklärt – nicht nur
über Instagram erreicht man viele; klar, aber nicht jeden. Aber das Wichtigste ist, glaube ich, dass Aufklärung stattfinden muss: politische Bildung
muss als ein eigenes Schulfach im Unterricht eingeführt werden. Das ist auch ein
Anfangspunkt für Schüler:innen mitreden zu können, die Zeit und der Raum für die
Interessen. Das muss halt einmal ein roter Faden gezogen werden, einer, der bis jetzt
noch nicht da ist.
Danke für das Gespräch.