
Elon, are you good?
21. Jänner 2025: Trump ist seit wenigen Stunden wieder offiziell Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, TikTok war für wenige Stunden in den USA verboten und Elon Musk trendet mit einer Geste, die stark an einen Hitlergruß erinnert. Nachrichtenleser*innen aus Europa staunten im Laufe des gestrigen Abends ganz schön. Nach den eher skurrilen Nachrichten und Ankündigungen der letzten Wochen um Präsident Trump hatten die Schlagzeilen der letzten Stunden für viele eher etwas Dystopisches. Aus europäischer Perspektive wirkt es so, als würden sich in den USA die Ereignisse überschlagen. Worin wird das alles münden?
Aber beginnen wir etwas früher: Am 5.11.2025 gewinnt Trump, unter großer Mithilfe Elon Musks, die Präsidentschaftswahl gegen Harris und schon wenige Stunden nach seinem Wahlsieg beginnt er Versprechungen abzugeben, was alles unter seiner Amtszeit passieren sollte. Er wolle eine Rekordzahl an Dekreten verabschieden, die Anzahl der Abschiebungen massiv erhöhen und natürlich immer an „America first“ denken! Bis Mitte Dezember vergeht die Zeit erstaunlich ruhig: Weder Biden noch Trump machen großartige Schlagzeilen. In Europa wird trotz des Weihnachtsfests die anstehende Präsidentschaft Donald Trumps analysiert und diskutiert. Beobachter*innen und Expert*innen sind sich einig, dass die nächsten Jahre der Zusammenarbeit mit den USA aus europäischer Perspektive eher schwierig werden könnten.
Egal ob auf Social Media oder auf etablierten Nachrichtenplattformen: Ab der Weihnachtszeit jagt eine Schlagzeile die nächste. Trump wolle den „Golf von Mexiko“ in „Golf von Amerika“ umbenennen, er wolle Grönland und Kanada in die USA eingliedern, er führt eine eigene Kryptowährung ein, gleichzeitig wird er zur „Time“-Person des Jahres auserkoren, den Panamakanal wolle er auch wieder unter US-amerikanische Kontrolle bringen, „linksradikalen Irren“ richtete er aus, dass ihre einzige „Überlebenschance“ in Begnadigungen liege und er postete, dass er sich nach seinem Amtseintritt für mehr Exekutionen einsetzen werde. Zusätzlich sorgt er mit der vorzeitigen Nominierung seines Kabinetts für Überraschung und Schrecken. Kritiker*innen sprechen über die Nominierten mit Worten wie unfähig bis hin zu gefährlich.
Trumps fragwürdiger Schoßhund
Aber nicht alle Nachrichten haben direkt etwas mit dem angehenden Präsidenten zu tun: Elon Musk, der sich schon im Wahlkampf stark für Donald Trump eingesetzt hat, mischt sich weiterhin in die Politik ein. Nur schließt er sich dieses Mal keiner Fraktion innerhalb der USA an. Er holt zum Rundumschlag gegen etablierte deutsche Politiker aus: Olaf Scholz sei ein „inkompetenter Trottel“, Robert Habeck ein „Landesverräter“ und Frank-Walter Steinmeier ein „antidemokratischer Tyrann“. Zusätzlich mischt er sich in einem Gastbeitrag in der „Welt“ aktiv in den laufenden deutschen Wahlkampf ein, in dem er sagt, dass die AFD „der letzte Funke Hoffnung für dieses Land“ sei. Weiteres postet er auf X einen Livestream des AFD-Parteitags und verhilft der Partei damit zu einem Millionenpublikum, denn über den Stream allein gab es 4,6 Millionen Livezuseher*innen. Um das Ganze in Perspektive zu rücken: Die Alternative für Deutschland konnte auf ihrem Livestream auf der Plattform X nur 53.000 Zusehende verzeichnen. Hier ist aber noch lange nicht Schluss. Auf seinem X-Konto veröffentliche er auch ein 75-minütiges Gespräch mit Alice Weidel, der Kanzlerkandidatin der AFD. Daraufhin nahmen die Delegierten des Bundesparteitages einen Antrag an, der bessere Beziehungen zu den USA und zur angehenden Regierung Trumps zum klaren Ziel setzte. Von außen scheint es so, als würde Elon Musk seinen Stunt der Einmischung in einen aktiven Wahlkampf wiederholen. Es scheint so, als reiche es ihm nicht mehr die reichste Person der Welt zu sein. Es scheint so, als würde er seine Macht nun offen zur Schau stellen wollen. Denn das ist es, was er momentan tut. Bei politischen Auftritten heizt er die Menge an, inszeniert sich als Regierungsmitglied und macht keinen Hehl aus seiner politischen Meinung.
War das ein Hitlergruß?
So auch am 20. Jänner: Bei einer Rede zum Amtsantritt Donald Trumps setzt er verwunderliche Gestik ein. Seine Bewegungen wirken künstlich, fast schon hölzern. Aber das ist nicht der Aufreger. Denn inmitten seiner Rede legt er seine rechte Hand ans Herz. Er legt sie an Herz und streckt sie rasch nach vorne, etwa auf Kopfhöhe, aus. Der Tech-Milliardär dreht sich um und wiederholt die Geste mit dem Rücken zum Publikum. Es ist kaum in Worte zu fassen, denn diese Bewegungsabläufe erinnern stark an Bilder, die man aus dem Geschichtsunterricht kennt. Aufnahmen, die in schwarz-weiß aufgenommen wurden. Aufnahmen, die viele mit Angst und Schrecken füllen. Aufnahmen, die für die meisten mit „nie wieder“ betitelt werden. Die Geste sieht wie ein Hitlergruß aus. Es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger. Selbstredend wird online darüber seit dem Stattfinden diskutiert. Aber unabhängig davon, ob Elon Musk dieser Ähnlichkeit bewusst war, handelt es sich hierbei um einen Skandal.
Ein Milliardär, der nicht „einfach rechts“ ist, sondern sich offen für eine Partei ausspricht, deren Landesgruppen teilweise als gesichert rechtsextrem gelten, macht einen mutmaßlichen Hitlergruß. Das ist nicht nichts. Das ist problematisch. Darüber muss gesprochen werden, die Einordnung muss klar sein. Viele Journalist*innen haben sich bereits damit befasst, dass Musk sich gerne selbst inszeniert. So habe er etwa einen chinesischen Gamer bezahlt, für ihn zu zocken, um dann mit „seinen“ Gaming-Leistungen zu prahlen. Immer wieder zeigt er bewusst neue Facetten von sich. Vielleicht handelt es sich bei seiner Rolle auch nur um eine Inszenierung, aber warum? Vielleicht handelt es sich aber auch um sein wahres Ich.
Dementsprechend ist die Frage im Titel nicht auf das seelische Wohlbefinden von Elon Musk bezogen. Nein, sie fragt nach seiner grundlegenden Moralität.