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Umweltbaustellen: Engagiert im Einsatz für die Natur


Im Hintergrund rauscht der Salzburger Fritzbach. Es ist einer dieser Sommertage, an denen man der Hitze nur schwer entkommen kann –lediglich in der Nähe des Bachufers ist es um die Mittagszeit noch erträglich. Als einziger Standort im Bundesland Salzburg wächst genau an diesem Bachufer die deutsche Ufertamariske, ein Rispelstrauch, der früher an den Flüssen Mitteleuropas weit verbreitet war und heute durch Flussregulierungen sowie die Zunahme invasiver Pflanzenarten stark bedroht und beinahe ausgerottet ist. Im Zuge einer Umweltbaustelle, einem Freiwilligenprojekt des österreichischen Alpenvereins, wurden die Tamariskenbestände am Fritzbach wieder gesichert – vorerst.

Neobiota auf dem Vormarsch

Neobiota, das ist der Sammelbegriff für unterschiedliche Arten, die sich mit menschlicher Einflussnahme in Gebieten etablieren, in denen sie zuvor nicht heimisch waren. Der Fokus liegt dabei auf Arten, die seit 1492 – dem Jahr der sogenannten Entdeckung Amerikas – verschleppt wurden. Bereits ab diesem Zeitpunkt der frühen Globalisierung begann nämlich ein intensiver Austausch von Lebewesen und Gütern im Rahmen des Welthandels.
Während viele dieser Neobiota keine spürbaren negativen Auswirkungen haben, gibt es doch eine Mehrzahl an Pflanzen, Tieren und Pilzen, die erheblich negativ auf die Biodiversität in den neuen Lebensräumen einwirken: Als invasive Arten verdrängen sie andere heimische Arten und zerstören so das Gleichgewicht innerhalb eines Ökosystems. Wie kann also gegen Neobiota vorgegangen werden? Im Fall invasiven Pflanzen, sogenannter Neophythen, müssen diese durch Ausreißen, Ausgraben, Durchstechen der Wurzeln und mehrjährige Mahd bekämpft werden. Genau dieser Aufgabe widmen sich oft Freiwillige, die damit ein aktives Zeichen für den Naturschutz setzen.

Freiwilligenarbeit für den Naturschutz

Eine wichtige Initiative auf diesem Gebiet sind die vom Österreichischen Alpenverein organisierten Umweltbaustellen und Bergwaldprojekte . Hierbei handelt es sich um freiwillige und unentgeltliche Arbeitseinsätze, die in den Sommermonaten stattfinden und meist eine Woche dauern. Unter dem Motto „Handeln, nicht nur reden“ engagieren sich Teilnehmer:innen an verschiedensten Orten in Österreich und sanieren Wege, pflanzen Bäume, begrünen Erosionsstellen oder unterstützen Bergbäuer:innen – je nach Einsatzort. Während die oft etwas aufwendigeren Bergwaldprojekte für alle ab 18 Jahren offen sind, richten sich die Umweltbaustellen gezielt an junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren. Unterkunft und Verpflegung werden kostenlos bereitgestellt; ein bis zwei freie Tage sorgen für Erholung und Ausgleich. Außerdem kommt dabei der Austausch mit anderen Gleichgesinnten, die für den Naturschutz tatkräftig mitanpacken möchten, nicht zu kurz. Die Teilnahmemöglichkeit endet dabei nicht an der Landesgrenze: Über die Jahre haben sich Teilnehmer:innen aus den unterschiedlichsten Ländern angemeldet.
Eine dieser Umweltbaustellen fand diesen Sommer unter dem Namen „Viel los im Moos“ bereits zum achten Mal im Salzburger Flachgau statt. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurden dort von der ehrenamtlichen Biotopschutzgruppe HALM (Heimische Arten- und Lebensraum-Management) unterstützt, welche drei Flächen ausgewählt hat, die nun eine Woche lang intensiv gepflegt wurden. So wurde etwa an zwei Tagen oberhalb des Wiestalstausees Totholz entfernt und anschließend die Fläche sowohl mit Hand- als auch Motorsensen gemäht, um eine Verwaldung zu verhindern. In Zeiten der Klimakrise könnte man meinen, mehr Waldflächen wären in jedem Fall erstrebenswert – doch wie so oft gilt dies nur bedingt: Waldlichtungen sind für verschiedene Pflanzen- und Tierarten ein wichtiger Lebensraum. Durch den Strukturwandel von einer landwirtschaftlich geprägten Agrar- hin zu einer Industriegesellschaft liegen heute Flächen brach, die über viele Jahrhunderte kultiviert wurden. Dies schafft einen Nährboden für Neophyten, die sich auf diese Weise ungehindert ausbreiten können.

Neobiota – ein notwendiger Kampf gegen Windmühlen?

„Ein Ökosystem ist viel beständiger, wenn es vielfältig ist“, erklärt Günther Nowotny, einer der Mitbegründer der Biotopschutzgruppe HALM. Denn an den verschiedenen Pflanzenarten hängen wiederum unterschiedliche Insekten: Schmetterlinge beispielsweise benötigen spezielle Futterpflanzen für ihre Raupen – fehlen diese Pflanzen, verschwinden auch die betroffenen Insekten.
Zusätzlich zu diesen allgemeinen Kulturraumerhaltungsarbeiten gibt es noch besonders schützenswerte Flächen, an denen seltene, vom Aussterben bedrohte Pflanzen wachsen. Im Bundesland Salzburg beispielweise findet man die Sumpf-Siegwurz (auch Sumpf-Gladiole) und die deutsche Ufertamariske nur noch an wenigen Sandorten; letztere wächst nur noch vereinzelt am Fritzbach. Vor allem der japanische Staudenknöterich, das Drüsen-Springkraut und die kanadische Goldrute setzen den heimischen Pflanzen dieser Region stark zu. Jahr für Jahr müssen daher am Fritzbach in emsiger Handarbeit die Tamarisken von diesen invasiven Arten befreit werden, da sie sonst völlig überwuchern und letztendlich absterben. Ohne die Hilfe Ehrenamtlicher wäre das kaum machbar.
Auf lange Sicht steht aber bereits jetzt fest, dass die Ufertamariske am Fritzbach keine Zukunft haben wird – das Aufkommen der Neophyten, die sich so rasch verbreiten und schnell wachsen, ist hier einfach zu groß.

Bis jedoch ein anderer geeigneter Standort gefunden wird, um die Samen der Tamarisken vom Fritzbach wieder neu auszustreuen, werden sich Freiwillige weiterhin um die Fläche kümmern – vielleicht auch schon die Teilnehmer:innen der nächsten Umweltbaustelle im kommenden Jahr.

Weiterführende Infos:
Umweltbaustellen & Bergwaldprojekte: https://www.alpenverein-akademie.at/Volunteer-und-Praktika/Bergwaldprojekte-Umweltbaustellen/
HALM Salzburg: https://www.halm-salzburg.at/
Eine Baustelle für die Umwelt am Wiestalstausee: https://www.youtube.com/watch?v=7HbWsFARZzg


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