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Verbrechen und Strafe – Österreichs Strafvollzug im Überblick


In Österreich gibt es verschiedene Arten des Strafvollzugs, nur wenige kennen jedoch deren Bedeutung und den feinen Unterschied. Dieser Beitrag stellt einen Versuch dar, etwas Licht ins Dunkle zu bringen und für dieses Thema zu sensibilisieren.

Strafen sind ein mit Tadel verbundenes Übel und knüpfen an die Schuld des Täters/der Täterin an. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Strafarten: die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe. Welche Strafe verhängt wird, ist abhängig von der Schwere der Tat. Bei beiden handelt es sich um eine staatliche Sanktion, um auf eine strafbare Handlung zu reagieren. Meistens erfolgt die Geldstrafe aufgrund einer Verwaltungsstrafe, zB Missachten der StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung, falsches Parken). Geldstrafen können aber auch bei Körperverletzung, fahrlässiger Tötung oder Nötigung im Straßenverkehr verhängt werden. Freiheitsstrafen werden für gewöhnlich für eine bestimmte Zeit (jedoch mindestens einen Tag) verhängt, dies hängt vom begangenen Delikt ab. Das höchste Strafmaß beträgt 20 Jahre (=Lebenslang). Man unterscheidet bei der Freiheitsstrafe zwischen bedingt und unbedingt. Bei einer bedingten Freiheitsstrafe wird die Strafe nicht vollstreckt, sondern eine Probezeit und gewisse Auflagen bestimmt. Dabei darf die Strafbemessung zwei Jahre nicht übersteigen. Sollte der/die Verurteilte in dieser Probezeit wieder straffällig werden oder gegen die Auflagen verstoßen (zB. die Termine mit dem/der Bewährungshelfer:in nicht wahrnehmen), wird die bedingte Strafnachsicht widderrufen und die Strafe vollstreckt. Hält er/sie sich jedoch an die Auflagen und wird in der Probezeit nicht wieder straffällig, wird die Strafe nach Ablauf der Probezeit erlassen. Unbedingte Freiheitsstrafe bedeutet, dass die Strafe direkt vollstreckt wird.

Die bekannteste Form des Strafvollzuges bei einer Freiheitsstrafe stellen die Justizanstalten – was wir klassisch unter dem Begriff Gefängnis verstehen – dar. In den Justizanstalten, die auch als Haftanstalten bezeichnet werden, wird eine von Gerichten verhängte Freiheitsstrafe oder Untersuchungshaft, wenn man die Befürchtung hat, dass ein potenzieller Täter/ potenzielle Täterin flüchten könnte (während noch Ermittlungen laufen), vollzogen. Der Strafvollzug wird im Strafvollzugsgesetz (StVG) geregelt.

Wie kommt man zu einer Strafe und wie wird sie bemessen?

Für die Bemessung einer etwaigen Geldstrafe ermittelt man zunächst die schuldangemessene Anzahl der Tagessätze gem. §§ 32 ff StGB. Im ersten Schritt werden die sozialen Faktoren nicht berücksichtigt. Im zweiten Schritt ermittelt man die Höhe des jeweiligen Tagessatzes gem. § 19 Abs. 2 StGB. Die Höhe richtet sich nach den konkreten Einkommensverhältnissen. Als Ausgangsposition zieht man das Nettoeinkommen heran und zieht das Existenzminimum und allfällige Unterhaltspflichten ab. Sollte der/die Verurteilte einkommenslos sein, zieht man ein potenzielles Einkommen bzw. eine Mindesthöhe heran.

Die Strafzumessung bei einer Freiheitsstrafe erfolgt in zwei Schritten:
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn ermittelt man, welche Strafe in welcher Höhe verhängt wird (= Strafart und Strafhöhe). Für die Ermittlung des Strafrahmens ist das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen relevant (gem. §§ 28, 29 StGB). Das bedeutet, dass man ermitteln muss, ob der /die Täter:in mehrere Taten begangen bzw. mehrere Delikte verwirklicht hat. Zum Beispiel: Einbruch in ein fremdes Haus und stehlen wertvoller Sachen und zusätzlich die Verwirklichung einer Körperverletzung, wenn man den Hauseigentümer „außer Gefecht setzen“ möchte. Hier prüft man, ob besondere Erschwerungsgründe (§33 StGB) oder besondere Milderungsgründe (§34 StGB) vorliegen. Erschwerungsgründe wären wie oben erklärt beispielsweise die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen oder vorherige Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Tat. Milderungsgründe wären beispielsweise Tatbegehung als junger Erwachsener, abnormer Geisteszustand, bisheriger ordentlicher Lebenswandel, Selbststellung, reumütiges Geständnis oder Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Bei der Strafzumessung im weiteren Sinne ermittelt man, ob unter präventiven Gesichtspunkten eine Strafe vollzogen werden muss, beispielsweise kommt eine Gewährung einer bedingten (§ 43 StGB) oder teilbedingten Strafnachsicht (§ 43a StGB) – grundsätzlich bei Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren – oder Bewährungshilfe (§§ 50, 52 StGB) in Frage. Dies bedeutet, dass man ermittelt, ob der/die Täter:in eine unbedingte Freiheitsstrafe bekommt, also die Strafe direkt und bis zum Ende absitzen muss, oder ob man mit gewissen „Sicherheitsvorkehrungen“/Maßnahmen schaut, ob der/die Täter:in früher wieder in die Gesellschaft integriert werden kann.

Nicht nur Strafen

Im österreichischen Strafvollzug ist die Resozialisierung bzw. Reintegration ein wesentlicher Punkt. Damit die Täter:innen den Kontakt zur Gesellschaft oder Arbeitswelt nicht verlieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten, den/die Täter:in in die Gesellschaft einzugliedern. Eine Resozialisierung wird nur dann erfolgreich sein, wenn der Insasse/die Insassin individuell betreut wird. Dies geschieht durch einen strukturierten Tagesablauf und möglichst viel Zeit außerhalb der Hafträume, beispielsweise durch Arbeit, Ausbildung, Therapie oder Sport. Unter die sogenannten Vollzugslockerungen fallen der Freigang, Ausgang oder der elektronisch überwachte Hausarrest. Bei der Gewährung einer solchen Lockerung muss man die individuelle Person und ihre konkrete Eignung für die Lockerungsmaßnahmen sowie allfällige Missbrauchsgefahr (Fluchtgefahr) berücksichtigen.

Die etwas andere Art von Strafvollzug

Weiters gibt es den sogenannten Maßnahmenvollzug oder den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen. Dies umfasst die Unterbringung von Rechtsbrecher:innen mit psychischen Erkrankungen, die aufgrund ihrer dementsprechenden Gefährlichkeit von der Außenwelt abzuschließen sind und welche die  Anlasstat unter dem Einfluss einer psychischen Krankheit begangen haben und nicht mehr zurechnungsfähig sind (hier unterscheidet man aber auch zwischen der Zurechnungsfähigkeit oder Zurechnungsunfähigkeit zum Tatzeitpunkt). Dafür sind eigene Sonderanstalten (früher Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, mit Änderung des Maßnahmenvollzugsgesetzes 2023 forensisch-therapeutisches Zentrum) vorgesehen. Es gibt drei verschiedene Maßnahmenvollzugsanstalten:

  1. Maßnahmenvollzug an Personen mit „schwerwiegender und nachhaltiger psychischer Störung“ gem. § 21 StGB. Hier sind sowohl Täter:innen gemeint, die zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig waren als auch jene, die zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig waren.
  2. Maßnahmenvollzug an entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrecher:innen gem. § 22 StGB. Hier sind jene Täter:innen gemeint, die durch den Konsum von Suchtmitteln/Alkohol nicht mehr zurechnungsfähig sind und in diesem Zustand eine Straftat begangen haben.
  3. Maßnahmenvollzug für gefährliche Rückfalltäter:innen (§ 23 StGB).

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass es in Österreich nicht nur „das Gefängnis“ gibt, sondern verschieden Arten des Strafvollzuges. Manchmal scheinen Strafzumessungen, die man in den Medien zu prominenten Fällen mitbekommt, für die Öffentlichkeit eher unlogisch und nicht nachvollziehbar zu sein. Jedoch darf man nicht vergessen, dass sich die Strafzumessung in der Praxis eher als schwierig bzw. komplex erweist.