Zukunft gegen Geld
Nun ist es tatsächlich so weit: Zum ersten Mal lag die weltweite Durchschnittstemperatur einer Zeitspanne von 12 Monaten über der 1,5-Grad-Grenze (Q1). Was man seit den 70er-Jahren weiß, hat sich heute zur größten Bedrohung der gesamten Menschheitsgeschichte entwickelt. Seit den ersten Forschungen hat sich viel im öffentlichen Bewusstsein verändert. So haben sich manche Dinge deutlich verbessert, andere befinden sich heute auf einer Ebene, auf der man verzweifeln könnte. Was in der Vergangenheit getan wurde, wie man heute auf globale Probleme reagiert und was noch in Planung ist – das sind die Faktoren, die unsere Zukunft ermöglichen und doch auch vernichten könnten.
Erkenntnisse der Vergangenheit
Der Beginn der 1970er markierte einen Zeitraum gewaltiger gesellschaftlicher Bewegung. Mit Initiativen wie den Friedensprotesten oder der Formierung von Greenpeace in Kanada stand die Zivilgesellschaft vor einer Solidarisierungswelle wie sie zuvor noch nie entstanden war. Und inmitten dieses Bewusstseins für unseren Planeten veröffentlichte der Club of Rome ihren Bericht „Die Grenzen des Wachstums“. Grundsätzlich geht es hierbei, wie der Name schon sagt, um die höchste Grenze, die unser System ertragen kann. Dazu wurden einige Szenarien berechnet, die meisten enden ziemlich ähnlich: Wenn die Umweltverschmutzung und der Ressourcenverbrauch steigen, werden sich bis zum Jahr 2100 die Lebensumstände global massiv verschlechtern. Von all den berechneten Möglichkeiten gibt es nur eine, in der das Leben in einer gesunden Welt und mit relativ hohem Wohlstand ermöglicht werden kann: Das „Stabilized-World-Scenario“(Q2). Damit dieses aber eintreten kann, muss man nicht nur neue Technologien entwickeln und hoffen, dass sich etwas ändert. Vielmehr ist es auch nötig, diese Fortschritte in unseren Alltag zu integrieren und die globale Haltung gegenüber diesen Themen zu verändern. Man soll versuchen, weniger zu verbrauchen, und seinen ökologischen Fußabdruck einschränken. Nur dann können wir zukünftigen Generationen eine gesunde Erde übergeben.
Prioritäten setzen: Heute für morgen
Dennoch gibt es sehr viele Personen, die sich gegen diese Veränderungen aussprechen, hauptsächlich, weil sie daran verdienen. Hier lässt sich ein Konzept aus der Wirtschaftslehre anwenden: das magische Vieleck der Wirtschaft. Es handelt sich um mehrere erstrebenswerte Faktoren, die von einer Volkswirtschaft erfüllt werden sollten. Jedoch können, theoretisch, nie alle gleichzeitig verwirklicht werden. So stehen sich zum Beispiel starkes Wirtschaftswachstum und Klimaschutz entgegen. Heute muss die Politik wichtige Prioritäten setzten: will man eine Zukunft, oder jetzt noch schnelles Geld machen? Eines steht fest: Wenn wir uns heute nicht entscheiden, dann ist morgen Zahltag, dazu gibt es unsere Rechnung und diese wird teuer. Jeder Zug erreicht schlussendlich einmal die Endstation. Diese wird nicht verschwinden, weil wir sie uns wegwünschen. Wir werden einen Aufprall erleben und er wird ernüchternd wirken. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass selbst dann noch ein gewaltiger Teil der Bevölkerung seine Augen verschließt.
Warum passiert nichts?
Ein typisches Argument gegen Veränderung in großen Teilen der Wirtschaft ist, dass der Konsument es wollen würde. Die Verbraucher:innen müssten sich zuerst ändern. Und während es stimmt, dass wir unser Verhalten früher oder später anpassen müssen, heißt das nicht, dass die Industrie einfach so weiter machen kann, wie sie will. Das Angebot wandelt sich schneller als die Nachfrage. Außerdem legen Konzerne mit Milliardenbudgets Werbekampagne über Werbekampagne auf, mit gewaltigen Teams an Marktpsycholog:innen, die genau wissen, wie man jemanden zum Kauf bewegt – ein Verhalten, das moralisch absolut inkorrekt ist.. Denkt man genauer nach, stellt sich heraus, dass man doch tatsächlich einen großen Teil der Zerstörung unseres Planeten damit rechtfertigt, dass die Leute das ja kaufen. Immanuel Kant meinte, man sollte so handeln, wie man glaubt, dass alle handeln sollen. Dies ist im gesamten Leben zwar nur schwer anwendbar. Allerdings ist diese Aussage umso wichtiger, je mehr Einfluss man im Weltgeschehen hat. Und große Firmen sagen sehr häufig, dass man die Welt retten soll. Wenn aber die ganze Verantwortung auf die Verbraucher:innen übertragen wird, obwohl Milliardenunternehmen viel schneller, koordinierter und effizienter etwas verändern könnten, dann wirkt diese Aussage sehr heuchlerisch. Man muss also den Druck auf sie erhöhen. Sie haben die besten Möglichkeiten, etwas zu verändern, aber wir müssen sie dazu bringen.
Die Situation heute
Aber wie sieht es heute als Ganzes mit dem Klimaschutz aus? Haben wir die Wende schon geschafft und sind auf dem rechten Weg? Sicherlich tut sich doch extrem viel, wo sich der Klimawandel schon so offensichtlich zu einer Existenzbedrohung entwickelt. Naja, so ähnlich. Insgesamt kann man sagen es tut sich etwas, es ist aber nicht klar, ob das genug ist. Erneuerbare Energien werden sehr stark ausgebaut, sie könnten schon bald den Großteil der Energieproduktion übernehmen. So könnte, laut einer Ember-Studie, die Emissionsspitze im Bereich Energie 2023 die letzte gewesen sein (Q3). Die Internationale Energiebehörde meinte in einem eigenen Bericht, dass die CO2-Emissionen aus der Energieproduktion 2025 ihren globalen Spitzenwert erreichen werden, danach würden sie langsam fallen (Q4). Das sind durchaus gute Nachrichten.
Dennoch sieht die heutige Situation auch so aus, dass man sich über Klimaaktivist:innen aufregt, weil sie wirklich, wirklich dringend auf das Thema aufmerksam machen wollen. Man hat vieles versucht, doch die Öffentlichkeit und die Wirtschaftsbarone wollten es nicht hören. Veränderung – eine Zumutung! Eine der größten Klimabewegungen aller Zeiten wird schlecht gemacht, weil ihre Initiatorin eine kontroverse politische Meinung vertritt. Man sucht sich jede Ausrede, egal wie unmoralisch und kurzsichtig sie auch sein mag, um weiter schlafzuwandeln. Es muss alles so bleiben wie es ist und es darf sich nichts daran ändern!
Hoffnung für die Zukunft
Für die Zukunft kann man nur hoffen, dass die Menschen nach 50 Jahren Aktivismus endlich einsehen, dass es um mehr geht als nur ein wenig Geld. Aber damit wir das „Stabilized-World-Scenario“ tatsächlich erreichen können, müssen wir alle zusammenarbeiten. Sich laut machen und klar machen, dass es so nicht weitergehen kann. Wählen gehen und Politiker:innen dazu bewegen, etwas zu ändern. Aber hauptsächlich einmal einsehen, dass man gemeinsam etwas tun kann – denn nur so erschaffen wir eine bessere Welt für unsere Zukunft.
Q1: https://www.greencity.de/2023-temperaturrekord/
Q2: https://www.clubofrome.org/blog-post/herrington-world-model/