10/07/2023
Jana Neumayer
Thinking outside the box – Ausbrechen oder Umgestalten?
Ein leeres Blatt Papier und so viele Gedanken, so viele Zweifel. Hinzu kommt noch diese beklemmende Angst – vor einem Stück Papier und vor allem vor der Leere. Es ist niemand da, der mir sagen könnte, was zu tun ist. Meine Kreativität ist gefragt. Doch sie scheint nicht zu kommen. Mein Papier bleibt leer und leer wirkt auch der Kopf. Doch diese Leere, die den meisten von uns Angst macht, hätte uns als Kinder die größte Freude bereitet. Ebendiese Freude an der Kreativität scheinen wir Erwachsene jedoch verloren zu haben. Woran liegt das und was können wir dagegen tun?
Die Schule als Box
Von klein auf scheinen wir in eine Form gepresst zu werden, nämlich nicht nur in das perfekt geometrische Gebäude der Schule selbst. Unser Schulsystem legt Wert auf Leistung – und zwar eine durchschnittliche. Wer sich nicht an das Geforderte halten will, wer die Grenzen der Norm überschreiten möchte, wird davon abgehalten, und zwar in Form von Tadel und Noten. Die Schule ist unsere Box: Fehler sind unerwünscht, ein Schritt aus der Norm – ja, nur ein Blick „out of the Box“ – schadet.
Allerdings braucht Kreativität bekannterweise ein gewisses Maß an Bereitschaft, über den Tellerrand hinauszuschauen, also „Thinking Outside the Box“. Und genau das wird uns in der Schule abtrainiert. Selbst Fächer wie Kunst und Musik, die zumeist mit Kreativität assoziiert werden, sind verschult. Wo ist der Freiraum für die kreative Ader? Es gibt ihn nicht. Was bleibt ist nur ein strenger Rahmen, der den reißenden, bunten Gedankenfluss, also die Basis für unsere Kreativität, scheinbar stilllegt.
Aussichten jenseits der Box
Worauf uns das Schulsystem vorbereiten will, ist eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Es möchte uns ebenjene Fähigkeiten beibringen, die in der Berufswelt besonders gefragt sind. Jedoch ist diese zumeist auf Wettbewerb ausgelegt und Wettbewerb verlangt Innovationen. Und was ist der wichtigste Treibstoff für Innovationen? Die Kreativität. Statistiken zeigen, dass für erfolgreiche Führungskräfte neben dem fachlichen Know-how die Kreativität eine besonders ausschlaggebende Kompetenz ist. Denn wie soll sich jemand von einer Gesellschaft aus Fließbandmenschen abheben und gar etwas Außergewöhnliches bewirken, wenn er/sie sich nur an Gelehrtes und dessen strikten Rahmen hält?
Ausbrechen aus der Box oder doch umgestalten?
Rahmen müssen gebrochen werden und Freiraum muss entstehen – so viel steht fest. Aber wie können wir das erreichen? Wir müssen früh damit beginnen, und zwar bereits in der Schule. Die angeborenen kreativen Fähigkeiten sollen nicht verloren gehen, sie sollen weiterentwickelt werden, damit wir nicht als Fließbandmenschen einer eintönigen Zukunft entgegenblicken.
Auch in der Schule sollen wir spielen und ohne Hemmungen experimentieren können. Dazu braucht es auch eine förderliche Atmosphäre, die dem nicht entgegensteht. Zunächst könnten Lehrer:innen damit beginnen, neue Lösungsansätze nicht unter Tadel zu stellen und stattdessen zum Querdenken motivieren. Sie sollen den Blick über den Tellerrand ermöglichen – den Blick über die Ränder der Box. Kreativität soll gefördert werden, anstatt starre Grundsätze am Fließband zu befördern.
Es braucht also vor allem Mut, um die Leere des Blatts zu füllen, und dieser kann gestärkt werden. Dazu müssen wir es wagen, aus der Box zu steigen und den dahinterliegenden Freiraum einzunehmen. Dann können wir nicht nur die Leere des weißen Blatts beseitigen, sondern auch den Freiraum mit den buntesten Farben füllen. Der Weg für eigene Innovationen wäre geebnet und vielleicht auch für Ideen bezüglich einer Reform des Schulsystems. Ein Schulsystem, das mehr Farbe ins Leben bringt und die kreative Ader unserer Gesellschaft wieder zum Pumpen bringt.
Quellen
https://www.derpragmaticus.com/d/schule/
https://www.hausvoneden.de/technology/kreativitaet-foerdern-kinder-ceo/
