
kleider machen belästigung
wenn die frühlingssonne die pflastersteine vor deiner haustür wärmt
und die schwarze jeans dich zunehmend einengt
ist die sehnsucht nach leichtem, kurzem stoff
dein gesellschaftlicher beitrag zu mehr gesprächstoff
aus großer kraft folgt große verantwortung sagt spiderman
und für all das, was du trägst, bist du verantwortlich, sagt der sexist
der winter ist eine prüde jahreszeit, denkst du dir
und wirfst den ganzen kleiderschrank zum neuordnen auf dein bett
zwischen pullovern und strickjacken kann man sich gut verstecken
und auf deinem jeansrock haften noch die liebgemeinten worte des nachbarn
das abwägen zwischen: was kann ich und was soll ich tragen
ist eine gratwanderung zwischen belästigt werden und nachzugeben
doch zwischen den kleidungsstücken, die ich tragen darf liegt so vieles,
denn eigentlich gibt es nichts, was mir verboten werden soll
kinder bestrafen wir, wenn sie süßigkeiten klauen und argumentieren
dass sie so lecker ausgesehen haben und sie nicht anders konnten
wann kommt also der zeitpunkt, an dem wir nicht mehr tolerieren,
dass ein erwachsener mann nicht anders konnte?
wie viel zeit verbringe ich mit den möglichen konsequenzen meiner kleidung,
mit dem durchspielen von szenarien in meinem kopf
wahrscheinlich mehr, als die straßenarbeiter oder der uniprofessor,
der sich ein bisschen zu offensichtlich umdreht
konfrontation führt bei diesem thema zu frustration
denn die empathie kann fehlen, wenn man nie belästigt wurde
und stell dir vor, jemand würde das zu deiner tochter sagen
na gut, wenn du meinst, dass ich mit whataboutism anfange
kleider rechtfertigen also belästigung
denn die frauen wollen ja in allem selbstbestimmt sein
während männer heutzutage nichts mehr sagen dürfen
sitz ich zuhause vor meinem spiegel allein