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Besser, größer und noch mehr Stacheldraht – Moria 2.0


Das Flüchtlingslager Moria, auf der griechischen Insel Lesbos, war das Zuhause von 13.000 Menschen. Am 8. September 2020  brannte es ab, davor herrschten chaotische und unhygienische Zustände. Als Ersatz für Moria wurde ein neues Lager auf Samos errichtet und dieses Lager soll alles besser machen, was auf Lesbos schiefgelaufen ist. 1

„No more Morias! “, das war der Vorsatz von EU-Kommissarin Ylva Johansson und mit diesem Gedanken wurde auch das neue Lager auf Samos errichtet. Der Zweck der Anlage ist es Geflüchtete, nachdem sie aufgefunden wurden, an einem Ort festzuhalten, um ihren Asylstatus zu ermitteln. Oft dauert das nicht nur sehr lange, sondern es kommt zu überhaupt keiner Entscheidung und die Menschen müssen dort verweilen, wo sie sind, in den Lagern.

Die Dinge, die in Moria falsch liefen, wurden kompensiert: Es gibt keine Zelte mehr, sondern Baracken; die Größe des Lagers ist stark limitiert; Ein- und Ausgänge werden stark kontrolliert; Kameras überwachen nahezu jeden Quadratmeter; die Zäune sind keine einfachen Maschendrahtzäune mehr, sondern wurden mit doppeltem NATO-Stacheldraht mit Widerhaken aufgerüstet. 2, 3

276 Millionen für die Sicherheit Europas

Hauptzuständig für den Bau dieses „neuen Morias“ ist die griechische Regierung, aber es wurde in enger Absprache mit einer Taskforce der EU-Kommission und anderen EU-Agenturen (Frontex, EASO, FRAU) gearbeitet. Allerdings merkt man vom Friedensnobelpreis eben jener EU, die beim Aufbau stark involviert war, bei diesem Lager wenig. 3

Die Europäische Union hat Griechenland 276 Millionen Euro für den Aufbau eines neuen Auffanglagers für Geflüchtete zugewiesen. Das Geld kommt aus dem Aufbaufond der EU, der eigentlich dafür gedacht ist, Europa nach der Corona-bedingten Wirtschaftskrise wiederaufzubauen.Obwohl das Geld für etwas Anderes gedacht war, können die Menschen nicht im abgebrannten Lager bleiben. Die Alternative – nämlich nach Europa zu kommen – ist politisch nicht möglich. 3, 5

1984 lässt grüßen

Die oben bereits erwähnten Kameras im neuen Lager in Samos sind auch mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, um gegebenenfalls Alarm auszulösen.  Gegebenenfalls heißt in diesem Kontext, wenn sich eine Gruppe an Menschen versammelt. Zusätzlich zu den stationären Kameras wird das Gelände auch noch von Drohnen und Wärmebildkameras beobachtet, die den Live-feed in die Kommandozentrale ergänzen.3

Schon der Eingang des Auffanglagers wird stark kontrolliert: Mithilfe von 19 Röntgenscannern, Fingerabdruckerkennung, Chiplesegeräten und Magnettüren wird der Zugang reguliert. Außerdem existiert eine Art „Gefängnis“, indem Menschen, die abgeschoben werden sollen, bis zu 18 Monate festgehalten werden dürfen. Wenn sich Asylsuchende nicht an die Ausgangszeiten halten, diese sind von 8 bis 20 Uhr, dann droht ihnen dort ein Aufenthalt von bis zu fünf Tagen. Abgesehen davon kommen Flüchtlinge in den Ausgangszeiten nicht weit. Das nächste Dorf ist drei Stunden zu Fuß entfernt und die Busfahrt ist, mit einem Monatseinkommen von 75 Euro, außerhalb des Budgets. 3, 4, 5

Scharfe Kritik von NGO`s

Diverse Menschenrechtsorganisationen haben bereits die Umstände des Lagers bemängelt:

Ärzte ohne Grenzen (MSF) sagte schon vor der Eröffnung: „Wir können unseren Patienten nur noch helfen, dieses Camp zu überleben“ und bezeichnete die Situation „unmenschlich“, „marginalisierend“ und „entwürdigend“. Die Hilfsorganisation bietet neben akuter medizinischer Hilfe, auch psychotherapeutische Unterstützung für die Geflüchteten. 4,7

­Auch die Menschenrechtsorganisation der UN (UNHCR), äußerte Kritik und dass, obwohl sie in den Bau und die Planung des Lagers involviert war.  6

Kritiker*innen des Lagers sprechen von einem „Guantanamo“ das an der europäischen Außengrenze errichtet wurde, denn die Bilder der neuen Anlage seien kaum von dem umstrittenen Gefängnis zu unterscheiden. 8

Ein Chaos wie in Moria, wird es auf Samos sicherlich nicht geben. Die totale Überwachung, die tödlichen Zäune, die Drohnen und das interne Gefängnis werden die Ordnung waren. Aber gibt es keinen anderen Weg? Ist das die einzige Art den Slogan „No more Morias!“ umzusetzen?

Quellen

1: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2095673-Migranten-wegen-Moria-Brandstiftung-verurteilt.html

2: https://www.youtube.com/watch?v=CX49DQsbrzg&ab_channel=EUDebates%7Ceudebates.tv

3: https://dasneuemoria.eu/

4: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/samos-fluechtlingslager-107.html

5: https://www.youtube.com/watch?v=tJMLNMlJkPw&ab_channel=ZDFMAGAZINROYALE

6: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/geschlossenes-fluechtlingslager-auf-samos-eroeffnet-17543983.html

7: https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/unsere-arbeit/einsatzlaender/griechenland

8: https://www.dw.com/de/das-neue-fl%C3%BCchtlingslager-auf-samos-eine-kleinstadt-hinter-stacheldraht/a-59265243


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