
Corona-Verliererinnen: Frauen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise auf Frauen in Österreich
Krisen sind dafür bekannt, bestehende Ungleichheiten zu vertiefen. Dies gilt auch für das ewige Thema der Geschlechterungleichheiten. Insbesondere Frauen bekommen während der Corona-Pandemie die Folgen der Krise zu spüren. Sie verlieren am schnellsten ihre Jobs, übernehmen öfter unbezahlte Arbeit und werden häufiger Opfer von Gewalttaten. Der folgende Artikel konzentriert sich auf die Doppel-Rolle der Frau als Mutter und Arbeitskraft in Österreich und die Probleme, welche die Pandemie diesbezüglich aufdeckt.
Working Mums: Zurück an den Herd?
Home-Office und Home-Schooling sind Begriffe, die uns seit einem Jahr begleiten. Für viele Frauen sind sie in dieser Zeit zu einem Albtraum geworden. Während das Lernumfeld von Kindern und Jugendlichen aus der Schule in das Kinderzimmer oder die heimische Küche verlegt wurde, sind Betreuungsmöglichkeiten und externe Hilfe im Haushalt selten oder unmöglich geworden. Das hat zur Folge, dass Frauen die in Österreich schon vor Covid-19 den größeren Teil der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung übernahmen, diesen Tätigkeiten nun noch mehr Zeit widmen.
Laut einer Studie der Universität Wien sind es vor allem Mütter, die ihre Kinder beim Home-Schooling unterstützen und notwendige Betreuung bieten. 47 Prozent der Frauen und 29 Prozent der Männer verbringen Corona-bedingt mehr Zeit damit, sich um ihre Kinder zu kümmern und mit ihnen zu lernen. [1] Diese Entwicklung basiert vor allem darauf, dass frauendominierte Bereiche besonders stark von den Lockdown-Einschränkungen gefährdet sind. So zum Beispiel die Gastronomie, die Hotellerie, der Einzelhandel, persönliche Dienstleistungen und auch der Freizeit- und Kulturbereich. [2] Frauen sind während der Coronakrise häufiger von Arbeitszeitkürzungen, Verlagerungen des Tätigkeitbereichs in das Home-Office oder gar von Entlassungen betroffen. Dafür übernehmen sie mehr Arbeit im Haushalt. [3]
Corona und der Gender Pension Gap*
Es ist sozialwissenschaftlich belegt, dass ein geringeres Erwerbsausmaß in der Regel mit höherer Kinderbetreuungszeit einhergeht. Nach dieser Regel schlüpft der Vater häufig in die Rolle des Familienernährers, während die Mutter eine Teilzeitbeschäftigung annimmt und sich unbezahlt um Haushalt und Kinder kümmert – „Eineinhalb VerdienerInnen“– so sieht das konservative Familienbild in Österreich aus. Fast die Hälfte aller Frauen in Österreich arbeitet Teilzeit, während es bei Männern nur elf Prozent sind, so die Statistik Austria.
Diese Entscheidung hat enorme Auswirkungen auf das Gehalt und später auf die Pension der weiblichen Bevölkerung Österreichs. Zehn Jahre nach der Geburt eines Kindes verdienen Frauen in der Regel um die Hälfte weniger als Männer bzw. nur zwei Drittel einer kinderlosen Frau mit ähnlichem Bildungsgrad. Auch auf die Aufstiegschancen wirkt sich eine Teilzeitbeschäftigung negativ aus – eine Erklärung für die Gehälterungleichheit zwischen Männern und Frauen, sowie die unterschiedlichen Geschlechterquoten in höheren Jobs. [4]
Der Equal Pension Day in Österreich fiel im Jahr 2020 auf den 30. Juli. Das ist der Tag, an dem Männer bereits so viel Pension bekommen haben, wie Frauen bis zum Ende des Jahres noch bekommen werden. Mit knapp 40 Prozent hat Österreich die vierthöchste Pensionslücke in der EU. Das führt dazu, dass österreichische Frauen besonders von Altersarmut gefährdet sind. Die Coronakrise verschärft diese Situation zusätzlich. Befriedigende Maßnahmen zu diesem Problem wurden bislang keine getroffen. [5]
„Systemrelevante Berufe“ am stärksten betroffen
Laut dem Sora Institut für Politik – und Sozialforschung sind acht von elf als „systemrelevant“ eingestufte Berufe überwiegend „Frauenarbeit“. Dazu zählen beispielsweise Jobs in der Kinderbetreuung, Reinigungskräfte, medizinisches Pflegepersonal und Berufe in der Alten- und Behindertenbetreuung. Gerade diese Berufsgruppen mit dem höchsten Frauenanteil haben in der Regel ein Einkommen unter dem österreichischen Durchschnittslohn: ungefähr 1.300 € netto im Monat.
Systemrelevante Berufe sind besonders häufig von geringfügiger Beschäftigung oder Leiharbeit betroffen. Viele Beschäftigte haben eine Migrationsbiographie. Überstunden zählen zum Arbeitsalltag. Durch die hohe Belastung zweifeln viele Frauen daran, bis zum Pensionsantrittsalter arbeiten zu können. Speziell diesen Frauen fehlt oft das Geld für notwendige Kinderbetreuung oder Haushaltshilfen. [6] Außerdem sind sie stark von Armut gefährdet und leiden häufig unter psychischem und physischem Stress. Es ist geradezu paradox, dass sich eben diese Personen während der Corona-Pandemie als unersetzbar und unabkömmlich erwiesen haben.
Applaus von den Balkonen reicht hier nicht, genauso wenig wie einmalige Boni und die Betitelung „Alltagsheldin“. Diese Frauen benötigen Unterstützung. Nicht nur in Zeiten von Corona. Wichtige Ansatzpunkte wären höhere Löhne, ein faires Pensionssystem sowie bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Ebenso sind Unterstützungsleistungen für Frauen und Familien während der Corona-Krise und darüber hinaus dringend notwendig. Vermutlich wären für solche Maßnahmen aber mehr Frauen im Corona-Krisenstab der Bundesregierung erforderlich. [7]
Quellen
[1] https://viecer.univie.ac.at/corona-blog/corona-blog-beitraege/blog33/
[4] https://orf.at/stories/3155497/
[5] https://www.diepresse.com/5868890/die-lucke-zwischen-ist-und-soll-ist-bei-frauen-am-hochsten