Kenne deine Rechte

Amazon und die autoritäre Weltherrschaft


Unsere Generation wächst und verwächst mit der digitalen Welt. Smartphone und Tablet gehören zur Grundausstattung. Smart Home Devices, wie Amazons Alexa, befinden sich auf der Überholspur. Unsere Daten mit anderen zu teilen erscheint schon normal, doch wo sind die Grenzen?

„Streiten sich ein Schriftsteller und ein Gentechniker. Der Literat möchte seine Zuhörer warnen, was die Gentechniker alles anstellen könnten mit der Menschheit
. Von Satz zu Satz aber wird er verzweifelter, denn der Gentechniker knockt ihn mit so kurzen wie lakonischen Sätzen aus: ‚Warnen könntet ihr nur, wenn ihr uns voraus wärt. In Wirklichkeit hinkt ihr hinterher.'“ Matthias Drobinski zitiert damit in der Süddeutschen Zeitung den Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer und meint, dass alle Deutungen und Maßstäbe schon überholt sind, wenn sie formuliert werden

Stimmt das?

Kommen die Warnungen vor dem gläsernen Menschen zu spät und haben wir uns schon verkauft?

Eine aktuelle Diskussion, die diese Thematik nicht besser widerspiegeln könnte, handelt von der Gesichtserkennungs-Software von Amazon
. BürgerrechtsaktivistInnen werfen dem Internetkonzern Amazon vor, dass dessen Software bei der US-Polizei zum Einsatz kommt und so eine autoritäre Überwachung ermögliche.

Amazon selbst hebt die Verbrechensprävention als ein Einsatzgebiet der Software hervor. Das Programm werde beispielsweise eingesetzt, um Entführungsopfer oder verloren gegangene Kinder in Freizeitparks wiederzufinden. „Unsere Lebensqualität wäre heute viel niedriger, wenn wir neue Technologie verbieten würden, weil einige Leute sie missbrauchen könnten“, erklärt das führende Unternehmen im Bereich der künstlichen Intelligenz.

Nach früheren Angaben beherrscht die Technologie von Amazon „Gesichtserkennung in Echtzeit über mehrere zehn Millionen Gesichter und Suche von bis zu 100 Gesichtern in anspruchsvollen, überfüllten Fotos“. Eine Technologie, die zwar nicht mehr ganz neu erscheint, aber dennoch ein zu mächtiges Tool ist, um unterschätzt zu werden.

Eine Untersuchung der Georgetown University in Washington aus dem Jahr 2016 hat ergeben, dass in den USA jeder zweite Erwachsene, also 117 Millionen Menschen, in Gesichtserkennungsdatenbanken der Strafverfolgungsbehörden auftaucht – meist ohne Wissen und ohne klare Regelung für die Speicherung dieser Daten. Willkommen im Zeitalter der DSGVO.

Die American Civil Liberties Union (Aclu) und mehr als 30 weitere Organisationen, darunter auch Human Rights Watch, warnen in einem offenen Brief vor enormen Schäden für die Demokratie und allgemeingültige Grundrechte. Die Anleitung zum Programm lese sich „wie eine Gebrauchsanweisung für autoritäre Überwachung“, erklärte die kalifornische Aclu-Vertreterin Nicole Ozer. „Wenn ein gefährliches Überwachungssystem wie dieses erst einmal gegen die Öffentlichkeit gerichtet ist, kann der Schaden nicht ungeschehen gemacht werden.“

Soll dies ein Warnschuss sein oder ist es lediglich der Nachhall von längst Geschehenem?


Links zum Thema

Digitalisierung – Gestern noch Versprechen, heute schon Bedrohung (Süddeutsche Zeitung, 19.5.18)

Aktivisten kritisieren Amazon für Gesichtserkennungssoftware (Die Zeit, 23.5.18)

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