Kenne deine Rechte

Religion im Kindergarten?


Ist es in Ordnung, wenn Religionsgemeinschaften einen Kindergarten betreiben? Da ich selbst eine katholische Schule besuche, zu der auch ein Kindergarten gehört, kann ich schlecht sagen: Nein, keinesfalls.

Trotzdem halte ich die Ergebnisse der Untersuchung von muslimischen Kindergärten in Wien für sehr problematisch. Für mindestens ebenso problematisch halte ich die Argumentation für solche Institutionen, die sich auf die Religionsfreiheit als grundlegendes Menschenrecht stützt.

Es stimmt: In Österreich gibt es eine Reihe von privaten Kindergärten, die von Institutionen mit sehr unterschiedlicher Weltanschauung betrieben werden
. Es gibt natürlich viele katholische Kindergärten, sei es von Pfarren oder Orden geleitet, es gibt evangelische Kindergärten, es gibt Waldorf-Kindergärten, die sich der Anthroposophie verpflichtet fühlen, die man auch als Religionsersatz oder alternative religiöse Idee sehen kann und so weiter. Warum sollte es dann nicht auch muslimische Kindergärten geben?

Was steht auf dem Lehrplan?

Das Grundproblem hinter dieser Frage ist nicht, ob eine anerkannte Religionsgemeinschaft einen Kindergarten betreiben darf, sondern ob die dort vermittelten Werte die Religion über alles andere stellen, also auch über die Demokratie und die Menschenrechte. Natürlich hat jede Religion ihre speziellen Vorstellungen von Gott und ihre eigenen Feiern. Es muss natürlich möglich sein, in einem muslimischen Kindergarten muslimische Feste zu feiern und nicht Weihnachten und Ostern.

Die Problematik beginnt dort, wo religiöse Inhalte vermittelt werden, die im Widerspruch zu anderen Menschenrechten stehen wie z.B. der Gleichheit von Mann und Frau oder eben des Verbotes der Diskriminierung aufgrund von Religion. Wenn schon den Vierjährigen gesagt wird, sie seien besser als die „Ungläubigen“ und sollten sich von diesen fernhalten, dann ist das erstens kontraproduktiv zu jeder Integration und führt zweitens zu einer Haltung, die in einer Demokratie, welche die Menschenrechte als Grundlage hat, inakzeptabel ist. In den katholischen und evangelischen Kindergärten werden zwar die religiösen Feste wie Advent, Nikolo, Weihnachten, Ostern gefeiert, aber ganz sicher keine Lehren verbreitet, die Angehörige anderer Religionen herabwürdigen oder die Gleichheit aller Menschen infrage stellen. Überhaupt sollten in Kindergärten nicht religiöse Lehrsätze im Vordergrund stehen oder überhaupt thematisiert werden, sondern eine altersadäquate Beschäftigung der Kinder und eine spielerische Vorbereitung auf die Volksschule. Ein Kindergarten, in dem Kinder mit ideologischen Sätzen indoktriniert werden und irgendwelche Lehrsätze einfach auswendig lernen müssen, hat in einem modernen demokratischen Staat nichts zu suchen, egal ob das Sätze aus dem Kommunistischen Manifest, dem Katechismus oder dem Koran sind.

Religion als Einschränkung oder als Bereicherung?

Das Ergebnis der Studie zu den muslimischen Kindergärten regt viele Menschen in Österreich deshalb so auf, weil sie hier zugleich die Kinder- und die Menschenrechte verletzt sehen und nicht zu Unrecht Angst haben, dass aus Kindern, die schon so früh so streng religiös erzogen werden, später in irgendeiner Hinsicht kaputte Persönlichkeiten werden
. Sicher, nicht alle dieser Kinder werden sich als Jugendliche dem IS anschließen, aber es ist auch schlimm genug, wenn sie so enden, wie noch vor 50 oder 60 Jahren Kinder aus konservativen katholischen oder evangelischen Bildungsstätten – wer „Das weiße Band“ gesehen hat, weiß, wovon die Rede ist.

Ein muslimischer Kindergarten, der die Kinder gleich behandelt, wie es ein guter katholischer oder staatlicher Kindergarten tut, nur dass in der Früh eben Salam statt Grüß Gott gesagt wird und wo Arabisch als Zweitsprache wie eben anderswo Englisch gelehrt wird, nicht nur, um den Koran rezitieren zu können, wäre eine Bereicherung für Österreich. Ein Kindergarten, wo für religiösen Fundamentalismus und gegen die Grundlagen der Demokratie erzogen wird, sollte keinen Platz haben, vor allem im Interesse der Kinder.

 

Symbolfoto: Kindergarten Tabarak


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