
Religion und Homosexualität – zwei Bereiche, die sich nicht besonders gut vertragen
Wir kennen es aus dem Christentum: Die Spanne an Diskriminierungen reicht vom verweigerten Zugang zur Ehe bis hin zu Priestern, die aus Protest gegen homosexuelle Ehrenamtliche aus ihrer Pfarre zurücktreten. Der Leitfaden für ein christliches Leben, der Katechismus, stellt zwar Homosexualität selbst nicht mehr als Sünde dar, wohl aber das Ausleben dieser Veranlagung und appeliert an Enthaltung – nicht gerade akzeptant. Der Islam geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier wird Homosexuallität als eine der größten Todsünden überhaupt verurteilt.
Säkularismus – schön wär’s
Gut und schön, könnte man sagen, aber man muss sich ja nicht der Kirche unterordnen – und hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen Islam und (katholischem) Christentum: In einem Großteil der Länder, in denen das Christentum weiter verbreitet ist, herrscht zumindest zu einem gewissen Grad Säkularismus – die Trennung von Religion und Staat. Anders jedoch in vielen Ländern mit einer Mehrheit von MuslimInnen. Während zum Beispiel in Pakistan die Scharia, also die islamischen Normen und Rechtsgrundsätze für alle Lebensbereiche, als Gesetzesgrundlage gilt, so ist sie in Saudiarabien gar direktes Staatsgesetz. Und auch wenn sie wie in Pakistan nur als Gesetzesgrundlage gilt, so werden in diesem Aspekt doch die meisten Dinge übernommen – und das bedeutet, dass es für Homosexualität schwere Strafen bis hin zur Todesstrafe gibt, teilweise sogar die Todesstrafe auf ungewöhnlich grausame Art und Weise. So wurden seit 2005 weltweit mehrere tausend Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung exekutiert, wobei die genaue Zahl schwer zu erfassen ist, da oft andere Taten als Vorwand verwendet werden.
Nicht nur Theorie
Diese Zahlen sind jedoch nicht der einzige Indikator dafür, dass diese Einstellung auch in der Praxis existiert. Sogar die türkische Religionsbehörde, welche absolut nicht als radikal bezeichnet werden kann, verbietet neben sexuellem Kontakt ohne Ehe auch Homosexualität und stellt diese als Delikt unter schwere Strafen. Auch die offiziellen Sprecher anderer muslimischer Länder sagen, dass sie der Todesstrafe für Homosexuelle nicht widersprechen können, selbst, wenn sie persönlich gegen die Todesstrafe an sich sind
. Weiters wird der Staat in einigen Ländern auch von Teilen der Bevölkerung, die als Sittenpolizei auftreten und teilweise richtige Hetzjagden auf Homosexuelle veranstalten, in dieser Einstellung unterstützt. Dass dies von Region zu Region unterschiedlich ausgeprägt ist, steht außer Frage, vor allem zwischen ländlichen Gegenden und Großstädten gibt es gewaltige Unterschiede.
Im 21. Jahrhundert angekommen?
Diese Frage ist durchaus berechtigt, wenn man die Entwicklungen der Gesellschaft in den letzten Jahren, vor allem im Bereich der Technik und des Internets, betrachtet
. Dass die islamische Führung versucht, mit diesen Entwicklungen mitzuhalten, zeigt ein neues Gesetz im Iran, welches seit Mai 2015 in Kraft ist: Hier ist das Tragen von “homosexuellen Frisuren” verboten. Diese Maßnahme zeigt auch sehr deutlich, dass die homophobe Tendenz der Scharia durchaus auch genutzt wird, um westliche Werte zu unterdrücken. Diese Werte kritisieren oft die herrschenden Systeme und schaden damit auch den Machthabern. Kein Wunder also, dass sich diese das machtvolle Instrument der Unterdrückung zunutze machen. Ob dies auch der Grund für die Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen in einer anderen östlichen Großmacht ist, in der das Leitungswasser hochprozentig ist und Bären nicht nur gejagt, sondern auch mit entblößtem Oberkörper beritten werden, darf sich jedoch jeder selbst beantworten.