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27. Jänner – Holocaust-Gedenktag


„Würden wir für jedes Opfer eine Schweigeminute einlegen, würde diese Stille über 11 Jahre andauern.“ So führt Jonathan Sacks, ehemaliger britischer Großrabbiner, die grausamen Verbrechen des Nationalsozialismus‘ vor Augen. Rund sechs Millionen Menschen fielen dem Rassenwahn zum Opfer, 1,1 Millionen davon im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau im heutigen Polen.
Heute, 70 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee, gedenken wir der Opfer des Holocaust.

Kein Vergessen

Neben dem seit 1997 in Österreich staatlich anerkannten Feiertag am 5. Mai, in Erinnerung an die Befreiung des KZ Mauthausen in Oberösterreich, soll seit 2005 auch der von den Vereinten Nationen ausgerufene „International Remembrance Day“ an die Verbrechen des letzten Jahrhunderts erinnern.

Dem Holocaust (griechisch „vollständig verbrannt“ bzw
. auch: Schoah, hebräisch „das große Unheil“) fielen 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen zum Opfer, die das Deutsche Reich in der Zeit des Nationalsozialismus als „nicht arischer Abstammung“ definierte.

Blickt man auf die Anfänge des Nationalsozialismus zurück, ist die rasante Verschlechterung der Lebensbedingungen der jüdischen Gemeinde bis zur „Endlösung der Judenfrage“ 1942 offensichtlich. Umso beeindruckender und berührender sind die Geschichten jener verhältnismäßig wenigen Glücklichen, die fliehen konnten. Jener, die in der Lage waren, sich mit nichts als ein paar Münzen in der Tasche in fernen Ländern wie Palästina, China oder in Teilen Afrikas ein neues Leben aufzubauen. Und jener, die nach Ende des Kriegs sogar in ihre Heimat zurückkehren konnten. Laut Heimo Halbrainer, Historiker an der Karl-Franzens-Universität Graz und Vorstand des Vereins CLIO, handelt es sich hierbei jedoch vor allem im Grazer Raum um eine sehr kleine Anzahl. Nur etwa 140 der ehemals 2000 Juden und Jüdinnen kehrten nach Graz zurück, in der Hoffnung ihr altes Leben fortsetzen zu können. Ein Vorhaben, das sich als sehr schwierig erwies.

Zwei Fluchtgeschichten österreichischer Flüchtlinge wurden anlässlich des 70. Holocaust-Gedenktags im Grazer Literaturhaus vorgestellt. Herta Reich, geb. in Mürzzuschlag, berichtet in ihrem Buch „Zwei Tage Zeit“ von ihrer erschütternden Flucht, die es ihr nach über fünf Jahren und zahlreichen Schicksalsschlägen ermöglichte, in Palästina eine neue Heimat zu finden. Der Grazer Helmut Spielmann hingegen schildert seine Jugend in „Shanghai – Eine Jugend im Exil“ nicht weniger beeindruckend von der ersten bis zur letzten Seite mit bewundernswertem Witz. Hört man Geschichten von achtjährigen Kindern, die hier in Graz, in einer Wohnung gegenüber der Herz-Jesu-Kirche, zu verstehen versuchten warum der Vater deportiert worden war, wird einem bewusst, wie sehr diese Zeit – selbst wenn sie von so vielen gerne vergessen werden würde – doch Teil unserer Geschichte ist. Ein grauenvoller, schrecklicher Teil, doch gibt es noch immer Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die mit eigenen Augen gesehen haben, was heute nur noch in Geschichtsbüchern steht.

Angst 24/7

„Als Jude oder Rom war man vom Baby bis zum Greis, von Norwegen bis Griechenland zum Tode verurteilt“ erinnert sich Rudolf Gelbard, ein Überlebender, im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Auch er verbrachte einen Teil seines Lebens in Auschwitz-Birkenau, dem Gebäudekomplex, welcher später als grausamste Hinrichtungsstätte der Nazis beschrieben wurde.

Unter den geschätzten 1,1 Millionen Opfern des KZ Auschwitz-Birkenau waren etwa eine Million Juden und Jüdinnen. 900.000 der Deportierten wurden direkt nach Ankunft vergast. Weitere 200.000 Menschen fielen Krankheiten, Unterernährung und medizinischen Versuchen zum Opfer
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Und die Zukunft?

Ein Drittel aller Deutschen zwischen 18 und 30 Jahren kann laut einer Studie nichts mehr mit dem Begriff Auschwitz anfangen. 58% aller Deutschen würden die NS-Zeit und alle damit verbundenen unerfreulichen Ereignisse am liebsten sowieso gleich vergessen.

In Österreich ist die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus mit Jugendlichen ein wichtiges Thema. Laut Heimo Halbrainer gibt es hierzulande zahlreiche Projekte zu diesem Zweck, wie beispielsweise das Angebot von Workshops an Schulen, öffentliche Infoabende oder Plattformen wie den Generationendialog der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, der die Erfahrungen von ZeitzeugInnen online dokumentiert. Immerhin muss man bedenken, dass auch heute Jugendliche auf der Flucht sind. Dieses Thema ist selbst nach 70 Jahren nicht Historie, sonders durchaus aktuell und betrifft uns alle.


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