
Privatsphärefreie Zone?
Wenn man von Menschenrechten spricht, dann denken die Meisten an Bürgerkriege, an Diktator_innen oder Kinderarbeit. Woran die Wenigsten denken, ist etwas, das aus unserem Alltag schon lange nicht mehr wegzudenken ist: das Internet.
Dabei ist gerade dieses nur so voll von Menschenrechtsverletzungen, die vor allem eine Kategorie betreffen: das Recht auf Privatsphäre
. Egal ob zur Überwachung, zur kommerziellen Nutzung oder für kriminellen Missbrauch: Unsere Daten sind heiß begehrt und dementsprechend viel Aufwand wird betrieben, um an diese zu kommen. Die Möglichkeiten sind unzählig: Ob über besuchte Webseiten im Browser, Kreditkarten, soziale Netzwerke, Smartphone Apps oder die Kundenkarte vom nächsten Supermarkt, überall hinterlassen wir Spuren. Und das ist grundsätzlich ja auch nicht schlecht, denn dadurch wird uns nicht nur unser Leben erheblich erleichtert, sondern wir bekommen oft auch noch etwas dafür. Denn man muss sich unsere Daten als Bezahlung für diverse Dienste vorstellen: Wer wäre schon bereit, jährlich hunderte von Euro für Email, Facebook, Google und Co zu bezahlen? Hinter all dem steckt die Arbeit unzähliger Menschen, die ja auch bezahlt werden wollen
. Durch eine starke gesetzliche Einschränkung der Nutzung solcher Daten für Werbezwecke würden daher viele Arbeitsplätze verloren gehen, weshalb solche Maßnahmen nicht zielführend sind, vor allem, weil das auch jede_r selbst ohne großen Aufwand einschränken kann.
Die „Guten“
Ein viel größeres Problem sind die beiden verbleibenden Überwachungszwecke: Überwachung durch den Staat und Missbrauch durch Kriminelle. Diese verbindet vor allem eines: Es ist sehr schwer, sich davor zu schützen. Der größte Unterschied hingegen ist, dass die überwachenden Geheimdienste staatliche Instanzen sind, und der Staat ja, sofern er diese ratifiziert hat, an die Menschenrechtskonvention gebunden ist. Nichtsdestotrotz gibt es kaum einen Geheimdienst, der seine eigentlichen Befugnisse nicht bei weitem überschreitet. Die einzige wirkliche Abhilfe dagegen, nämlich Regulierungen auf internationaler Ebene, ist wiederum zumindest in der nahen Zukunft ein Ding der Unmöglichkeit. Das Problem ist, dass jeder Staat seine Vorteile daraus zieht, und auf diese möchte natürlich niemand verzichten.
Die „Bösen“
Die dritte Gruppe ist gleich aus zweierlei Gründen schwer zu bekämpfen: Einerseits macht die technische Erfahrung der meisten Täter_innen und die schier unglaubliche Anzahl der verschiedenen Angriffsmöglichkeiten einen umfassenden Schutz sehr aufwändig, andererseits ist die Gesetzeslage in fast allen Ländern verschieden, was Kriminellen die Möglichkeit gibt, Länder mit günstigen Gesetzen als Ausgangspunkt für ihre Tätigkeiten zu wählen. Auch ist die Verlockung, ergaunerte Daten zu einem guten Preis zu verkaufen oder für das eigene Prestige zu veröffentlichen, sehr groß.
Dass aber Privatsphäre doch wichtig ist und die Veröffentlichung von privaten Daten nicht so gut ankommt, haben jüngste Fälle gezeigt: Nach der Veröffentlichung von Nacktfotos diverser Stars war die Reaktion der Internetgemeinde auf diversen Plattformen gewaltig. Es entstanden hitzige Diskussionen und der Großteil der Diskutierenden war sich einig – das Veröffentlichen von derartigen Fotos ohne die Einverständnis des/der Abgebildeten ist moralisch nicht tragbar. Profile der jeweiligen Verantwortlichen wurden innerhalb kürzester Zeit gemeldet und gesperrt und es wurde sogar versucht, der Polizei bei der Ausforschung der Täter_innen zu helfen.
Get active!
Und genau das ist es auch, was jede_r Einzelne von uns tun kann! Wenn man nicht mehr wegsieht oder darüber lacht, sondern sich zu Wort meldet und sagt “Hey! Das ist nicht ok!”, dann wird der/die Eine oder Andere beginnen, darüber nachzudenken. Wenn der Account auf einmal gesperrt wird, weil jemand ihn gemeldet hat, dann überlegt man es sich nächstes Mal zweimal, ob man so etwas wieder machen will.
Ja, es braucht Überwindung. Ja, man wird auf Ablehnung stoßen. Und nein, man wird professionelle Kriminelle damit nicht sonderlich beeindrucken. Aber wenn auch nur ein einziges Mädchen dadurch nicht bloßgestellt wird, wenn auch nur eine einzige Frau dadurch ihr Gesicht wahren kann, dann ist es das wert. Und darum hoffe ich, dass auch du das nächste Mal im Netz Zivilcourage zeigst.