Kenne deine Rechte

But it cannot be me!


„Today, I’m going to share my story with you! “sagt Faghmida Miller mit einem warmen Lächeln im Gesicht. Nervös hebt sie immer wieder ein Bein nach dem anderen und greift auffällig oft zu ihrer Wasserflasche. Doch nein, nicht vor Nervosität, wie sie uns erklärt, sondern aufgrund der Nebenwirkungen ihrer Medikamente. Faghmida Miller muss jeden Tag ihre antiretroviralen Pillen schlucken, denn sie ist HIV-positiv.

Ihre Geschichte beginnt vor 20 Jahren, als die damals 26-jährige Südafrikanerin nur einen großen Traum hat: eine wunderschöne große Hochzeit. Mit 26 Jahren ist es für eine muslimische Frau wie Faghmida ungewöhnlich noch nicht verheiratet zu sein. „But then I met him“, lacht Faghmida, „-it was love at first sight.“ Nach nur fünf Monaten wird im April 1994 geheiratet und sie zieht mit ihm in sein Heimatland Malawi. Plötzlich verändert sich der Klang ihrer Stimme, als sie sagt „And in November 1994 he died, he died in my arms.“ Zwei Wochen hatte er an unterschiedlichen Symptomen gelitten, bis er laut Angabe der Ärzte an einem Herzinfarkt verstarb. Für Faghmida bricht eine Welt zusammen. Völlig verängstigt und allein in einem fremden Land, beginnt es auch ihr körperlich immer schlechter zu gehen, sie verliert rasant an Gewicht.

Sie beschließt zu ihrer Familie nach Südafrika zurückzukehren. Es geht ihr aber zunehmend schlechter. Ihre Eltern bringen sie von Arzt zu Arzt, doch niemand kann herausfinden, was ihr eigentlich fehlt
. Schließlich begegnet sie einer Ärztin, die ihr offen eine Frage stellt, die im Südafrika der 90er-Jahre niemand so einfach stellt: „Have you ever tested if you have Aids?“ Natürlich nicht, Faghmida ist über die Frage ziemlich empört, woher sollte sie auch Aids haben. „Only people that change their sex partners like nothing and drug users, who use needles, are suffering from Aids. But it cannot be me, a faithful Muslim, who never had sex before she got married.“, beschreibt Faghmida ihre damaligen Gedanken. Schließlich lässt sie sich aber doch zu einem Test überreden. Was soll auch schon groß passieren. Zwei Wochen später ein Anruf aus der Klinik, sie möge bitte vorbeikommen. Dort die unglaubliche Diagnose: Aids.

Tausende Gedanken schießen ihr gleichzeitig durch den Kopf, sie kann es einfach nicht fassen. Woher sollte sie Aids haben? Nach einem langen Gespräch mit der Ärztin, in dem sie auch von den Leiden ihres Ehemannes erzählt, schließlich die Erkenntnis: Ihr eigener Ehemann hat sie mit der Krankheit infiziert und ist selbst an den Folgen von Aids gestorben.

Als sie nach Hause kommt, lässt sich Faghmida nichts anmerken, zu groß ist die Angst und die Scham ihren Eltern davon zu erzählen. Doch einer Sache ist sie sich sicher: Sie wird genau wie ihr Ehemann innerhalb von zwei Wochen an Aids sterben. Sie beginnt sich auf ihren baldigen Tod vorzubereiten, verschenkt persönliche und wertvolle Dinge an ihre Nichten und Neffen, schließt mit ihrem Leben ab. Doch die zwei Wochen vergehen und eines Morgens nach dem Aufwachen erkennt Faghmida: „I’m still alive.“ Beinahe etwas schockiert über die Tatsache noch am Leben zu sein, geht sie in die Klinik zurück, um noch einmal mit der Ärztin zu sprechen. Erst da erfährt sie: Sie hat nicht Aids, aber sie trägt den Aids-erregenden Virus in sich. Ein Virus, der nicht automatisch ein Todesurteil bedeutet, da er durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten relativ gut in Schach gehalten werden kann.

Über die Klinik lernt sie bald andere HIV-positive Menschen kennen, mit denen sie sich austauschen kann. Schließlich wird sie gefragt, ob sie in einem Radiointerview offen über ihren HIV-Status sprechen möchte, genau bei dem lokalen Radiosender, den ihre gesamte Familie hört. Zuerst zögert sie, lehnt ab. Doch sie erkennt, dass sie die Bürde nicht länger alleine tragen kann und sieht das Radiointerview als Möglichkeit sich zu outen. Der Schock in ihrer Familie ist groß. Unverständnis, ja sogar Abscheu schlagen ihr entgegen. Sie wird kaum noch gegrüßt, jeglicher Körperkontakt mit ihr wird gemieden
. Sie habe Schande über die Familie gebracht, heißt es. Niemals hätte sie öffentlich darüber reden sollen. Einzig ihre Eltern stehen noch hinter ihr.

Doch nach und nach melden sich immer mehr Menschen bei Faghmida, die selbst oder deren Angehörige HIV-positiv sind und danken ihr dafür, dass sie offen über das Thema gesprochen und ihnen damit so viel Mut und Kraft mitgegeben hat. Da erkennt sie, dass es ihre Aufgabe ist, über ihr Schicksal zu sprechen, Menschen über HIV aufzuklären und ihnen Mut zu machen. Trotz dieses Schicksals hat sie nie aufgegeben, auch zwei schwere Tuberkulose-Erkrankungen konnten sie nicht aus der Bahn werfen.

Heute reist Faghmida um die ganze Welt und erzählt ihre Geschichte „Maybe this was god’s plan for me. To tell people that being HIV positive is not the end of the road!“

 


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