Kenne deine Rechte

Der versklavte Mensch


Moldawien. 33 851 km². 3 600 000 EinwohnerInnen. 2 214.5$ Bruttoinlandsprodukt 2013. 3 832$ jährliches Durchschnittseinkommen 2013. 12.5% der Bevölkerung müssen mit weniger als 2$ pro Tag auskommen
. Wer kann, ergreift die Chance und verlässt das Land. Und das tun viele, legal oder eben auch illegal.

Moldawien – bald ein menschenleeres Land?

Seit Ende der 90er Jahre kämpft das Land mit einem negativen Bevölkerungswachstum. -1% war es offiziell im letzten Jahr, wobei die Dunkelziffer weit höher liegt. Welche Gesichter verbergen sich nun hinter diesen Zahlen? Wohin verschlägt es diese Menschen? Welches Schicksal ereilt sie im Zielland? Und vor allem, wie schaffen sie es über die Grenze?

Spricht man von Menschenhandel kommen sogleich zahlreiche Schreckensvorstellungen auf. Bilder von entführt und verschleppten jungen Mädchen, die ihr restliches Dasein unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesperrt in einem Bordell im Westen fristen müssen
. Bilder von Menschen, denen auf grausamste Weise Organe entnommen wurden, um das Leben einiger Reicher ein paar Jahre zu verlängern. Bilder von durch und durch bösartigen und skrupellosen Schleppern und Schlepperinnen. Doch die Realität sieht ein klein wenig anders aus.

Menschenhandel – How To…

Ein Großteil der Opfer von Menschenhandel in Moldawien wird nicht von Unbekannten, sondern von bekannten Personen angeworben. Bei den SchlepperInnen handelt es sich häufig um Personen, die selbst bereits im Ausland arbeiten oder gearbeitet haben und so über Kontakte zu potentiellen ArbeitgeberInnen verfügen. Teilweise ergreifen die Opfer sogar die Eigeninitiative und bitten ihre zukünftigen SchlepperInnen, ihnen Arbeit im Ausland zu verschaffen. Dabei gilt, Frauen werden hauptsächlich von Frauen und Männer hauptsächlich von Männern angeworben.

Moldawier und Moldawierinnen  landen häufig in nahegelegenen Ländern wie der Ukraine, Türkei und Zypern. Auch „exotische“ Ziele wie Indien, Pakistan, China, Libanon oder Jordanien werden immer häufiger. Zwischen 2005 und 2012 waren laut einer Studie von „La Strada“ 86% der Opfer weiblich. Eine glänzende Zukunft wird ihnen versprochen, ein gut bezahlter Job, hervorragende Arbeitsbedingungen. Diese Karriere wird sich bald als eine Laufbahn als Prostituierte, als HilfsarbeiterIn oder als „HaushaltssklavIn“ herausstellen. Das Gehalt wird in einer ausländischen Währung ausbezahlt, um es den Opfern schwieriger zu machen, es mit der zuvor versprochenen Höhe zu vergleichen.

Bei den hervorragenden Arbeitsbedingungen wird es sich um 16 bis 18 Stunden Tage handeln. Menschenhandel im Bereich der Prostitution ist mittlerweile ein öffentlich breit diskutiertes Thema. Weit weniger bekannt ist jedoch, dass der Mensch auch im Baugewerbe, in der Landwirtschaft, in der Haushaltsarbeit oder im Organhandel zu einer Ware wird.

Eine Zukunft am Rande der Gesellschaft als billige „Arbeitssklaven“, meistens geduldet, aber selten akzeptiert.

Menschenhandel = moderner „Sklavenhandel“?

Als „modern day slavery“ wird Menschenhandel gerne bezeichnet. Gemäß UN-Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und dessen Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, beides unterschrieben und ratifiziert von der Republik Moldawien spricht man von einem klaren Verstoß gegen die Menschenrechte.

Die Täter sind allerdings nicht die einzigen Verantwortlichen. Die Ursachen sind komplexer: Mangelnde Bildung, mangelnde Perspektiven, mangelnde Aufklärungsarbeit und mangelndes Wissen machen diese Menschen anfällig, in die Opferrolle zu geraten. Und genau an diesem Punkt setzen NGOs wie La Strada an. Denn wie der griechische Schriftsteller Aischylos schreibt: „niemand trägt gerne und freiwillig das Joch der Sklaverei.“

 

Foto (c) flickr.com

 

Weiterführende Links

Trafficking in Persons Report 2012 (U.S. Department of State – Diplomacy in Action)

Trafficking in Human Beings in South Eastern Europe 2005 (UNICEF)

Building training and analytical capacities on migration in Moldova and Georgia (GOVAC) (International Centre for Migration Policy Development)

 


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