
Blut muss fließen – Rechtsextremismus im Fokus
„Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, lasst die Messer flutschen in den Judenleib. Blut muss fließen knüppelhageldick und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik“ – Worte wie diese werden immer wieder auf Rechtsrock-Konzerten in ganz Europa gegrölt. Den Beweis in Bild und Ton gibt es nun seit 2012: Mit ihrem Dokumentarfilm „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ und schockierendem Bildmaterial versuchen Peter Ohlendorf und Thomas Kuban auf die sich neu entwickelnde Neonaziszene aufmerksam zu machen
. Ausschlaggebende Reaktionen von Politik und Exekutive lassen jedoch auf sich warten…
Warum Musik?
Musik macht gute Laune, eine tolle Stimmung und kann auch wenn nötig Eines: Manipulieren. „Musik fungiert als Türöffner in die Neonaziszene“, so der Grazer Jugendarbeiter Alex Mikusch. Rechtsextreme Gruppen docken vor allem bei Jugendlichen in Krisensituationen an, welche in ihnen Gemeinschaft und Unterstützung erhoffen. Ist man einmal Teil einer solchen Gruppe, ist es laut Regisseur Peter Ohlendorf sehr schwierig wieder rauszukommen. Denn man möchte doch „cool“ bleiben und ernstgenommen werden. Also gibt es nur einen Weg: Den gleichen Wahnsinn zu verbreiten, der einem wieder und wieder eingeredet wurde. Spätestens an dieser Stelle ist es wichtig einzugreifen und jene Leute dazu zu animieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und ihr Handeln zu überdenken. Laut Ohlendorf sollten wir diesem Problem den „Raum geben, den es verdient“, darüber reden und Vorurteile gegenüber anderen abbauen.
Der Film „Blut muss fließen“ zeigt auf eine ehrliche, unverfälschte Weise, was wirklich auf geheimen Nazikonzerten abgeht. Grausame hetzerische Texte und Hitlergrüße inklusive. 10 Jahre lang drehte der deutsche Journalist Thomas Kuban (Pseudonym) undercover, verkleidet und mit einer Knopflochkamera ausgerüstet beinahe 50 solcher Konzerte. Mal für Mal setzte er sich einer unvorstellbaren Gefahr aus. Denn eines war klar: Würde man ihn aufdecken, wäre er so gut wie tot. Aus diesem Grund ist es ihm noch heute, nach Abschluss der Dreharbeiten, nicht möglich, öffentlich aufzutreten.
Die entstandenen Bilder geben jedoch einen Einblick in die Welt des Rechtsrocks, wie er noch nie zuvor vorhanden war. Einen Einblick, der jeden, der den Film sieht mit tausend Fragen im Kopf und offenem Mund zurücklässt…
Nazimusik leichtfertig als Phase, aus der die Betroffenen „herauswachsen“ abzutun, wäre ebenso falsch. Lieder einschlägiger Rechtsrock-Gruppen wie DJ Adolf oder Landser haben auf YouTube bis zu einer Million Views; rechtsextreme Texte kennen in manchen Schulklassen bis zu 80% der Jugendlichen. Und durch Merchandisingversandhandel (Artikel von „Heil Hitler“-Ansteckern und T-Shirts mit Hakenkreuzen bis hin zu brutalsten Waffen sind am Markt erhältlich) konnten allein in Sachsen, einem besonders rechtsextremen Teil Deutschlands 3,5 Millionen Euro im Jahr erwirtschaftet werden.
Rechtsrock als unwesentlich abzutun ist also ein gravierender Fehler, der leider von den meisten begangen wird. Auch viele PolitikerInnen und die Exekutive sehen dieses Thema als nicht relevant genug um einzugreifen. Oder sind sie auf dem rechten Auge blind?
Dr.in Bettina Vollath, Landesrätin für Finanzen, Frauen und Integration in der steirischen Landesregierung, ist anderer Meinung: Extremismen jeder Art sind ihrer Meinung nach „Gift für unsere Gesellschaft“, weshalb es ihr ein großes Anliegen ist, besonders mit jungen Menschen in Diskussion zu sein
. Stolz erzählt sie von einer von ihr geförderten Wanderausstellung (http://www.argejugend.at/2014/01/jugend-fuhrt-jugend-durch-die-erlebniswelt-der-vielfalt/), welche die Vielfalt der Steiermark und auch die Chancen, die sich aus ihr ergeben, auf sehr positive Art und Weise darstellt. Ganz nach dem Motto „Vielfalt statt Einfalt“!
Egal ob Österreich oder Deutschland: Peter Ohlendorf wie auch Bettina Vollath verdeutlichen, dass unsere gesamte Gesellschaft die Verantwortung trägt und das Wirken jedes Einzelnen zählt. „Es ist wichtig den Mut zu haben, „nein“ zu sagen, aufzustehen und Zeichen zu setzen“, meinte Landesrätin Vollath im Interview mit Kenne deine Rechte bei der Veranstaltung letzten Donnerstag im Retzhof.
Ohlendorf geht sogar noch einen Schritt weiter: Er sieht es als seine Pflicht und Aufgabe, die Vergangenheit nicht zu vergessen und alles dafür zu tun, dass es so etwas wie den Nationalsozialismus nie mehr geben wird.