Hänsel und Gretel 2012
Jede und jeder von uns kennt Märchen. Es sind Geschichten, die an jedem Ort und zu jeder Zeit passieren könnten, in denen die Kontraste „gut“ und „böse“ dargestellt werden und ersteres, also das Gute, siegt. Doch ganz ehrlich, die meisten Märchen sind für uns doch nur in der eher weit zurückliegenden Vergangenheit und nur mit viel Phantasie nachvollziehbar.
Es ist aber Tatsache und kein Märchen, dass von den rund 1500 Flüchtlingen, die im Herbst in Traiskirchen im Asylwerberheim lebten, 552 Kinder ohne Eltern waren. Sie mussten alleine von zuhause flüchten oder besser gesagt: Sie wurden „vertrieben“. Für Eltern in Österreich oder Europa ist es wohl nicht vorstellbar, dass sie ihre Kinder in eine ungewisse Zukunft schicken müssen. Das Risiko, dass ihre Kinder die Flucht nicht überleben, war gleich groß, wie die Hoffnung, dass sie Hilfe finden. Bei uns gibt es Gott sei Dank viele soziale Netze, wo Hilfe angeboten wird. Die meisten Flüchtlingskinder stammen aus Afghanistan, sind über die Türkei oder Griechenland geflüchtet und haben Schreckliches erlebt. Tage ohne Essen und Trinken waren noch die harmlosesten Erfahrungen. Auf dem Meer in einem kleinen Boot rudernd, erzählte ein Junge, wusste er nicht, wo und ob er je bei einem anderen Ufer ankommen würde. Angst, Ungewissheit und Lebensgefahr, welche österreichische Kinder vielleicht aus Filmen kennen, haben diese Jugendliche wirklich erlebt.
Der Alltag im Asylwerberheim ist jedoch auch nicht wirklich kindgerecht. Eine Stunde für das Essen anstehen, ein bisschen Spielen ist schon machbar, aber es gibt kaum Schulbildung und die Rahmenbedingungen für eine gute bzw
. gesunde Entwicklung sind auch platzmäßig nicht gegeben, selbst wenn im Rahmen des Machbaren alles versucht wird. Eigentlich ist der Aufenthalt in Traiskirchen nur für kurze Zeit geplant, aufgrund der großen Anzahl erhalten jedoch Viele keinen anderen Asylplatz; einen der den Kindern Sprachförderung, Schulbildung, und psychologische Betreuung ermöglicht, die natürlich sehr notwendig ist. Aus Erfahrung weiß man, dass die Kinder dann auch eine Lehre beginnen können und manche schaffen sogar einen höheren Bildungsweg.
Doch diese Kinder in Traiskirchen sind ohne Familie und ohne Sprachkenntnisse
. Das sind wirklich extreme Lebenssituationen. Und obwohl sie froh sein müssen, dass sie die Flucht geschafft haben und genug zu essen haben, gleicht dieser Aufenthalt doch einem Käfig, in dem sie eingesperrt sind und kaum Chancen haben – so wie bei Hänsel und Gretel.
Das Bemühen und der Einsatz aller Hilfsorganisationen, Behörden und von jedem und jeder Einzelnen für diese Menschen ist wertvoll und wichtig! Denn nur so können wenigstens für einige, wenn auch nicht für alle, Märchen wahr werden.