
Angst vor einer Religion?
Werbung, Werbung, „Radikaler Islam in Graz am Vormarsch“. Ein wenig verwundert über diesen Titel werfe ich einen zweiten Blick auf die vermeintliche Werbebroschüre. Ist leider doch keine Reklame. „Der Uhrturm. FPÖ – Informationen für alle Grazer Bürger“. Motto: Gefahr durch Muslime in Österreich. Doch die FPÖ greift hier nicht irgendein Thema auf. Schon längst ist der Islam zum politischen Spielball geworden und die Angst vor der „fremden“ Religion wird geschürt.
Wir möchten uns schützen
Ängste entstehen niemals ohne Grund. Der Islam ist anders als das Christentum: andere Bräuche, andere Regeln, andere Einstellungen, eine andere Kultur und andere Lebensweise. Die eigene Kultur gibt den Menschen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, Zugehörigkeit und Vertrauen. Ist man mit anderen Weltanschauungen konfrontiert, verunsichert das oft automatisch. Man fühlt sich in der eigenen Lebensweise „bedroht“ und will sich „vor dem Fremden schützen“. Deshalb entsteht oft Angst, Zurückweisung und diskriminierendes Verhalten
. Die Ängste werden oft von politischen Parteien ausgenutzt. So auch die Angst vor dem Islam.
Im Allgemeinen habe ich kein Problem mit MuslimInnen, aber …
Mit dem Thema der Islamophobie beschäftigt sich auch Eva-Maria Herzog in ihrer Masterarbeit. Mit einer Umfrage unter SchülerInnen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren versuchte sie mehr über das Selbst- und Fremdbild der befragten MuslimInnen und Nicht- MuslimInnen herauszufinden. Etwa die Hälfte der befragten Nicht-MuslimInnen ist dem Islam gegenüber positiv eingestellt. Bei einigen Jugendlichen jedoch waren klare Tendenzen zur Islamophobie erkennbar. Viele beginnen ihre Sätze mit „Im Allgemeinen hab ich kein Problem mit Muslimen, aber (…).“ Aber es kommen viel zu viele zu uns. Aber sie sind AusländerInnen. Aber sie sollen sich anpassen. Viele Jugendliche berufen sich auch auf allgemeine Vorurteile gegenüber dem Islam: der Islam sei eine strenge Religion, Frauen hätten keine Rechte, das Kopftuch sei ein Zeichen der Unterdrückung, usw. Faktenwissen ist kaum vorhanden. Das Bild vom Islam entspricht häufig dem Bild, das von Medien und Politik vermittelt wird. Viele vorherrschende Vorurteile werden von Jugendlichen vorbehaltslos übernommen.
Angst vor einer Religion?
Sollte man tatsächlich Angst haben vor einer Religion? Viele Medien und auch die Politik vermitteln zum Teil ein angsteinflößendes Bild des Islam
. Das ist aber noch lange kein Grund, sich davor zu fürchten. Der Islam ist in Österreich eine anerkannte Religionsgemeinschaft; außerdem hat jede/r das Recht auf Religionsfreiheit. Daher ist das beste Heilmittel: Offenheit, individuelle Recherche, persönlicher Kontakt mit MuslimInnen und kritisches Auseinandersetzen mit dem, was uns die Medien für wahr verkaufen wollen.
Mehr Infos zum Islam
„Bilder in unseren Köpfen“
Eine soziologische Studie zum Selbst- und Fremdbild von MuslimInnen, in: Farid, Hafez (Hrsg.), Jahrbuch für Islamophobieforschung (2012:142-153), new academic press: Wien.(erscheint im Juni 2012)
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit:
- Artikel 18, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948
- Artikel 9, Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, 1950