Kenne deine Rechte

Frei zu sein bedarf es wenig?


Kunst ist frei. Sie darf aufrütteln, schockieren, kritisch sein und auch Tabus ansprechen. So ist zumindest die Auffassung in unseren Breiten. Dass es in weiten Teilen der Welt allerdings ganz anders aussieht, dürfte bekannt sein. Falls nicht, kann man sich derzeit zB im Kunsthaus Graz davon überzeugen.

Artikel 17a, StGG (Staatsgrundgesetz): „Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei.“ So die Gesetzeslage in Österreich. Hier ist die Kunst ein oft eingesetztes Mittel um aktuelle politische und gesellschaftliche Geschehnisse zu karikieren, Missstände aufzuzeigen und beim Namen zu nennen
. Teilweise werden auch Tabus gebrochen. Darauf folgt meist Empörung bei Medien und einem Teil der Bevölkerung, die ihre Meinung in Artikeln und den dazugehörigen Foren zur Genüge kundtun. Einige Tage und Diskussionsrunden später ist der Ärger verflogen und die Welt wieder in Ordnung, sowohl für KünstlerInnen als auch für deren KonsumentInnen. Welch heile Welt, kann man sagen, wenn man den Vergleich mit anderen Ländern zieht, in diesem konkreten Fall mit China.

Regime – Bürger: Ein unausgeglichener Machtkampf

Bei einer Führung durch die Ausstellung „Ai Weiwei – Interlacing“ im Grazer Kunsthaus wird einem schnell klar, dass die Situation in China eine ganz andere ist. Dank der fotographischen Dokumentationswut von Ai Weiwei bekommt man einen guten Einblick in die Vorgehensweise der dortigen Behörden, auch was allgemeine Dinge wie Stadtentwicklung angeht. Man erfährt beispielsweise, dass laufend kleine Häuser von Familien dem Erdboden gleichgemacht werden, um große Wohnblöcke zu bauen. Die Menschen können sich in keiner Form dagegen wehren, da der Grund auf dem ihr Haus steht nicht ihnen, sondern dem Staat gehört – sie werden einfach „adäquat“ umgesiedelt.

Diese und viele andere Dinge zeigt der 1957 geborene Künstler, Aktivist und Blogger Ai Weiwei mit seinen Fotographien auf. Er selbst ist ständig Opfer der Repression und Zensur des chinesischen Regimes.
Im Juni dieses Jahres wurde er zwar freigelassen, steht allerdings seitdem unter Hausarrest. Wie willkürlich Behörden im Umgang mit ihm handeln, zeigt sich auch im folgenden Beispiel: Im Jahr 2008 wurde Ai Weiwei von der Stadt Shanghai eingeladen, ein Studio in ihrem Umland zu bauen. Nachdem sich die offizielle Seite sehr um ihn bemüht hatte, entwarf er das Gebäude und es wurde gebaut. Peking allerdings erklärte den Bau für illegal, vermutlich aus politischer Motivation, da Ai Weiwei schwerer zu kontrollieren sein würde wenn er sich nicht mehr in der Nähe Pekings aufhält. So wurde im Januar 2011 das
gesamte Gebäude wieder abgerissen. Das Grundstück wurde feinsäuberlich zu einem Acker gepflügt, es blieb keine Spur von dem Studio. Diesen gesamten Vorgang findet man ebenfalls fotographisch dokumentiert in der Ausstellung – Bilder die zum Nachdenken anregen.

 „Ai Weiwei. Interlacing“ – Noch bis 5.2.2012

Alles in allem gibt die Ausstellung im Kunsthaus Graz einen sehr guten Einblick in die teils unglaublichen Machenschaften des chinesischen Regimes sowie in das Leben von Ai Weiwei. Es gibt unzählige persönliche Fotos von seiner Zeit in New York, Handy-Schnappschüsse, Landschaftsbilder oder Porträts. Einige Bilder scheinen auf den ersten Blick nichtssagend zu sein. Kennt man allerdings die Hintergründe der Aufnahmen, sind sie umso beeindruckender bzw. schockierender
. Das Schaffen von Ai Weiwei führt uns sehr deutlich vor Augen, wie sehr man auf dieser Welt noch für Freiheit kämpfen muss, bis alle Menschen in ihren Genuss kommen werden.


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