Kenne deine Rechte

Warum lebt man im „Grazer“ Exil?


Zu Gast im Zuhause des Journalisten und Schriftstellers Jahangir Alam Akash, dem diesjährigen Grazer „Writer in Exile“. Akash sitzt mit seinem vierjährigen Sohn auf dem Sofa und antwortet mit Begeisterung auf die Frage, warum er begann als Journalist zu arbeiten: „Journalismus ist ein Beruf des Schreibens. Als Journalist habe ich die Möglichkeit im Namen der Menschen zu sprechen, der stimmenlosen und unterdrückten Menschen. Ich sah schlimme Diskriminierungen, Menschenrechtsverletzungen und Korruption in unserer Gesellschaft
. Diese Dinge machten mich ärgerlich, und ich beschloss darüber zu schreiben und dadurch etwas zu verändern.“

Jahangir Alam Akash wurde 1974 in Shatkhamar im Nordwesten von Bangladesch geboren, und schon als Jugendlicher interessierte er sich für das Schreiben. Er begann 1989 als Journalist zu arbeiten, erst für das Radio Deutsche Welle und dann für die älteste Bengali Zeitung des Landes, „The Daily Sangbad“.

Bangladesch – ein für uns unbekanntes Land?

Auf die Aussage, dass wir hier in Europa im Allgemeinen nicht sehr viel über Bangladesch wissen und in den Medien erfahren, lächelt Akash und erzählt über die Menschenrechtssituation in seinem Heimatland: „Bangladesch ist ein Land, in dem kein richtiges Recht auf Leben existiert. Denn dieses Recht ist durch die Todesstrafe und durch die nicht gerechtfertigten Morde an EinwohnerInnen nicht gegeben.“

Doch nicht nur die Rechte von Minderheiten werden verletzt, in Bangladesch herrscht auch keine Pressefreiheit, wie Akash berichtet: „Allein in den letzten 20 Jahren wurden 34 JournalistInnen und SchriftstellerInnen getötet. Immer wieder kommt es zu Folterungen und Einschüchterungen von einheimischen JournalistInnen, die über das wahre Geschehen im Land berichten.“

Verfolgung aufgrund von Engagement für die Unterdrückten

Auch Akash bekam aufgrund seiner Arbeit große Probleme mit der Regierung in seinem Heimatland: „Ich recherchierte über Themen wie die Unterdrückung der Minderheiten und der indigenen Bevölkerung, Korruption und politischen Terror. Da ich mich immer für die unterdrückten Menschen in meinem Land einsetzte, wurde ich bald zum Opfer der Rapid Action Battalion (RAP), einer militärischen Organisation.“

Im Oktober 2007 wurde Akash von der RAP verhaftet und in ein Foltercamp gebracht. Vor der ungerechtfertigten Verhaftung und Deportation in das Camp wurde der Journalist noch vor den Augen seiner Frau und seinem jungen Sohn bedroht und gefoltert. Im Camp hängten die Polizisten an die Decke und er wurde 15 Stunden lang auf grausame Weise, u.a. mit Elektroschock gefoltert, bevor endgültig ins Gefängnis gebracht wurde, wo wer 28 Tage inhaftiert war.

Das endgültige Verlassen der Heimat

Nachdem Akash aus dem Gefängnis entlassen wurde, blieb ihm aufgrund der Bedrohung durch die RAP nichts anderes übrig, als seine Heimatstadt zu verlassen und in die Hauptstadt des Landes, Dhaka, zu fliehen: „Zwischen Februar 2008 und April 2009 veröffentlichte ich vier Bücher über die Menschenrechtssituation in Bangladesch. Wegen dieser Publikationen wurde ich erneut von der RAP bedroht und bekam schließlich durch die Hamburg Stiftung die Möglichkeit Bangladesch zu verlassen.“

Doch so sehr Akash in seinem Heimatland bedroht wurde, so schwer fiel es ihm, dieses hinter sich zu lassen: „Das Schicksal brachte mich nach Europa, obwohl ich noch nicht bereit war, hierher zu kommen, da ich den Menschen in meinem Land helfen wollte und das konnte ich sehr gut durch meine dortige Arbeit als Journalist tun. Ich wollte Bangladesch nie verlassen, denn ich denke niemand möchte sein eigenes Heimatland auf eigenen Wunsch verlassen, doch ich musste flüchten, um die Sicherheit meines Lebens und das meiner Familie zu gewährleisten.“

Nun ist Akash seit 2010 als „Writer in Exile“ hier in Graz. Seit 1997 ist die Menschenrechtsstadt Graz „Stadt der Zuflucht“ für JournalistInnen und SchriftstellerInnen. Dabei ermöglicht das Programm „Writer in Exile“ Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt, mit dem Tode bedroht und inhaftiert wurden, ein Zuhause auf Zeit zu finden. „Hier in Graz bekam ich die Möglichkeit mit meiner Frau und meinem Sohn ohne Angst vor Verfolgung zu leben.“

Was wünscht sich Akash für die Zukunft der Menschen in Bangladesch? „Persönlich bin ich sehr optimistisch für die Zukunft meines Heimatlandes, obwohl der Prozess der Veränderung Zeit brauchen wird. Es gibt viele engagierte Menschen, die in Bangladesch für eine bessere Zukunft arbeiten. Ich bin sicher, dass der Tag des Friedens und der Freiheit in Bangladesch eines Tages kommen wird.“

Spätestens nach dieser Aussage weiß man, dass man sich in der Wohnung eines Journalisten im Exil befindet, der aufgrund seiner engagierten Arbeit für die Achtung der Menschenrechte sein Heimatland verlassen musste, der aber nicht daran denkt, sich durch das Erlebte einschüchtern zu lassen und bereit ist, weiterhin für die Verbesserung der Lebenssituation in seinem Heimatland Bangladesch zu kämpfen.

Untitled from Kenne deine Rechte on Vimeo
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Weiterführende Informationen und Links:

Internationales Haus der Autoren

Videoreportage über Jahangir Alam Akash

Die Verfolgung in seinem Heimatland

Video über die Pressefreiheit in Bangladesch


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